Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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feit unseres Körpers im Spiele ist, nicht mehr als ein halbes Athmen statt. 
Dabei werden immer einzelne Lungentheile, namentlich die Spitzen, zur Un- 
thätigkeit verdammt und, falls das richtige Vollathmen ganz unterbleibt, schließ 
lich invalide, luftleer und füllen sich mit Schleim. Daß sich dann der so ge 
fürchtete Spitzenkatarrh, der fast stets zur Lungenschwindsucht führt, leicht 
entwickeln kann, liegt auf der Hand. Die beste, ausgiebigste Ventilation der 
Lungenspitzen erreicht man durch lebhafte Bewegung im Freien, Bergsteigen, 
Reiten, Rudern, Schwimmen und Schlittschuhlaufen. Wem dazu Zeit und 
Gelegenheit fehlt, der übe wenigstens täglich in seiner Wohnung das Vollathmen 
(Bauch-, Schulter und Rippenathmen), indem er sich an's offene Fenster stellt 
und abwechselnd mit über dem Hinterkopf gefalteten und dann in die Weichen 
gestemmten Händen mehre Male recht tief aus- und einathmet. Uebrigens 
sollte man, um ein normales Funetioniren unseres Respirationsapparates zu 
erzielen, schon in der Kindheit durch zweckmäßige Turnübungen, lautes Lesen 
und Singen, öfteres kräftiges Aus- und Einathmen auf dessen naturgemäße 
Ausbildung Bedacht nehmen. Das feste Einwickeln der Säuglinge, das straffe 
Binden der Unterröcke, das Schnüren und die engen Kleider bei Mädchen und 
Frauen, die zu fest anliegenden Westen, Gürtel und Hosenbunde bei Männern, 
Krumm- und Schiefsitzen hindern das Weitwerden und die gehörige Ausdehn 
ung des Brustkastens und geben früher oder später zu vielen, das Leben ver 
bitternden und verkürzenden Leiden Veranlassung. Nicht minder schädlich wirken 
auf unsere Athmungsorgane unsinnig schnelles Laufen und Tanzen, übermäßige 
körperliche Anstrengung und jäher Wechsel von heißer und kalter Luft. 
Ich komnie nunmehr zur Besprechung der Hygieine des Blutkreislaufs. 
Die Störungen desselben zeigen sich als Blutüberfüllung oder Blutleere in 
größeren oder kleineren Partien unseres Körpers oder nur in einzelnen Organen 
und machen sich bemerklich durch Wallungen, Herzklopfen, Congestionen nach 
Kopf, Brust und Unterleib, Hämorrhoidalbeschwerden, Blässe und Kälte der 
Extremitäten. Daß nur ein gehörig flüssiges, durch eine normale Haut- und 
Lungenthätigkeit gereinigtes Blut in richtiger Weise im Röhrenwerke unseres 
Leibes zu circuliren vermag, brauche ich nach dem bei der Athmung Angegebenen 
nicht weiter auszuführen. Außer der Pflege der Haut und der Respi 
rationsorgane muß aber auch eine gehörige Bethätigung und 
Uebung unseres Muskelapparates stattfinden, weil dieser den Blut 
laus auf's Kräftigste beeinflußt. Vernünftiges Turnen oder die Schreber'sche 
Zimmergymnastik ist daher allen Denen zu empfehlen, die ihr Beruf zu vielem 
Sitzen verdammt. Endlich hoben wir auch unsere ganz besondere Sorg 
falt dem Herz zu widmen, das als Saug- und Druckpumpe den Kreislauf 
des Blutes in Seene setzt und bei Erkrankungen nicht blos aus die ganze 
Circulation, sondern auch auf den Stoffwechsel störend einwirkt. Mäßige Be 
wegungen, namentlich mit den Armen, unterstützen die Herzthätigkeit sehr be 
deutend, dagegen ist alles Das streng zu vermeiden, was heftiges, lang andauern 
des Herzklopfen hervorruft. Von sehr nachtheiligem Einflüsse auf das Herz 
sind auch kalte Füße, ein Uebel, über das man ziemlich häufig klagen hört 
und das nur selten die verdiente Beachtung findet. Es sei mir deshalb ge 
stattet, etwas näher darauf einzugehen! Wo immer an unserem Körper Kälte 
gefühlt wird. da fehlt der genügende Zufluß von dem erwärmenden Agens, 
dem Blute, und in Folge dessen auch ein lebhafter Stoffwechsel. Das dort 
mangelnde Blut häuft sich an einer andern Stelle des Organismus an und 
daher laboriren Alle, die an kalten Füßen leiden, an Blutandrang nach der 
Brust, dem Kopfe oder dem Unterleibe, was sich durch häufiges Herzklopfen,
	        
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