Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

Schläfer während 8 Stunden ungefähr 200 I Sauerstoff verbraucht und da 
gegen 100 1 Kohlensäure nebst einer beträchtlichen Menge Wasserdampf und 
übelriechender Zersetzungsstoffe ausscheidet, so sollte man glauben, Jedermann 
würde peinlich drüber wachen, daß eine immerwährende Luftcrneuerung statt 
fände. Und doch thun dies die Allerwenigsten, obgleich die Anhäufung von 
Kohlensäure unruhigen, unerquicklichen Schlaf und stärkere Transspiration, 
sowie Eingenommenheit des Kopfes, Mangel an geistiger und körperlicher 
Frische beim Aufstehen zur Folge hat. Am einfachsten läßt sich eine aus 
reichende Ventilation durch das Oeffnen der obern Fensterflügel herstellen. 
Probirt man es im Anfange, das Fenster eine Hand breit offen stehen zu 
lassen und legt man sich so, daß die frische Luft nicht direkt über das Gesicht hin 
strömt, so wird man sehr bald merken, daß man weit besser schläft und früh 
viel gestärkter, aufgelegter zur Arbeit und helleren Kopfes erwacht, als früher 
und sich dann sicherlich auch nicht scheuen, das Fenster weit aufzumachen. Ich 
schlafe schon seit einer langen Reihe von Jahren mit Frau und Kindern bei 2 offenen 
Fenstern und habe nur Gutes, nie Nachtheil davon gesehen. Stubenhocker 
und Leute mit schlcchtgepflegter Haut mögen des Nachts eine leichte, weite 
Jacke über dem Hemd tragen, oder ein Doppelfenster anbringen, um inwendig 
den obern Flügel, auswendig den untern zu öffnen oder auch die Thür zum 
Nebenzimmer offen halten und dort die Fenster aufmachen. Uebrigens ent 
behrt die Furcht vor Erkältung beim Schlafen mit offenem Fenster, welche 
nicht blos von Ammen, Muhmen und Basen, sondern auch von sonst ganz ver 
ständigen Männern gehegt wird, jeder reellen Basis. Die wenigen Grade, 
welche die Nachtlust kälter als die Tagesluft zu sein pflegt, können unmöglich 
irgend welchen nachtheiligen Einfluß ausüben, da wir doch auch bei Tage, selbst 
wenn wir keine wärmere Kleidung anlegen, Temperaturerniedrigungen ohne 
Schaden vertragen. Außerdem ist aber auch die Nachtluft in ihrer chemischen 
Zusammensetzung der Tageslust ganz gleich, ja sogar in Städten noch besser 
und reiner als diese, da ihr die Beimischungen vom Rauche der Essen und von 
dem durch den Tagcsverkehr aufgewirbelten Staub fehlen. Menschen, welche 
bei Tage in schlechter Atmosphäre athmen, Abends stundenlang in überfüllten, 
mit Tabaksqualm und Respirationsexcrcmenten verpesteten Kneipen sitzen und 
schließlich in engen, niedrigen Räumen ohne genügenden Luftwechsel schlafen, 
begehen in meinen Augen langsamen Selbstmord, denn sie tödten sich 
systematisch Lebenszeit, Lebensfrische und Arbeitsfähigkeit! 
Aber nicht blos was wir athmen, sondern auch wie wir athmen, ver 
dient die eingehendste Würdigung, und da muß ich Jedem ein altes, wahres 
Wort an's Herz legen: „geschlossener Mund erhält gesund". Den Mund hat 
uns Mutter Natur zum Sprechen, Essen und Trinken, aber nicht zum Athem- 
holen gegeben. Dazu haben wir die Nase, deren Schleimhäute nicht blos die 
eingezogene Luft erwärmen, sondern durch das Flimmerepithcl auch von Staub 
und anderen kleinen Fremdkörperchen reinigen, und deren immer mit erwärmtem 
Luftvorrath gefüllte Nebenhöhlen im Winter dafür sorgen, daß die kalte Luft 
temperirt in unsere Lungen gelangt. Je mehr man sich also gewöhnt, das 
Respirationsgeschäft nur durch die Nase geschehen zu lassen, desto weniger 
wird man von Katarrhen der Luftwege heimgesucht und desto mehr vor Ansteckungen 
durch gewisse, in der Atmosphäre schwebende Pilzkeime (Batterien) geschützt 
sein. Einen großen Fehler beim Athmen begehen die Meisten dadurch, daß 
sie nur selten rec^t tief Athem holen, also nicht für eine ausreichende Luft 
erneuerung in der Lunge Sorge tragen. Beim ruhigen Verhalten, besonders 
im Sitzen, findet, wenn nicht unser Wille, sondern nur die automatische Thätig
	        
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