Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Jur Riildespßege. 
Nachtrag zu den medizinischen Merkversen. 
Wom Kerausgever. 
(Fortsetzung aus voriger Nummer). 
Die Natur weist das Menschenkind ebenfalls auf die Brust seiner Mutter" 
an und darum hat die Naturwissenschaft den Menschen unter die Säuge- 
thiere eingereiht, deshalb begeht nun auch jede Frau, die ihrem Kinde die Brust 
verweigert, ein Verbrechen an demselben! Und was ist's, was so viele 
Frauen abhält, ihrer heiligen Mutterpflicht zu genügen? Meist ist es Be 
quemlichkeit, die Furcht, an Schönheit einzubüßen, auch an Arbeit und Erwerb 
gehindert zu werden oder an der Gesundheit Schaden zu leiden, ja sehr oft 
der falsche Wahn, daß das Säugen nur für gemeine Leute schicklich und für 
Vornehme eine Amme nobler sei, in den meisten Fällen aber — die große 
Unwissenheit: daß für die Mutter selbst wie für das Kind das Stillen das 
Naturgemäße ist und darum ein Frevel gegen diese Naturordnung sehr 
häufig nicht blos am Kinde, sondern auch an den Müttern mit verschiedenen 
Krankheiten, besonders mit Entzündungen und Vereiterungen der Brüste sich 
rächt! Allerdings ist es manchmal einer Mutter beim besten Willen nicht 
möglich, ihr Kind zu säugen, weil man sie als Mädchen nicht dazu erzogen 
und später nicht über ihre Bestimmung belehrt hat. — In diesem Falle ~ 
wenn nämlich die Brüste keine Milch geben und auch bei zufälligen Krankheiten 
einer Mutter, muß für andere Ernährung des Kindes gesorgt werden, und da 
hat die Erfahrung nach derAmme, gegen welche Manches zu sagen wäre, und bei 
deren Annahme wieder mehre Vorsichtsmaßregeln zu beobachten sind, eine mit 
Wasser versetzte Kuh- und Eselinmilch als ein gutes Surrogat gelehrt, wenn 
gleich sie die Muttermilch nicht vollkommen zu ersetzen vermögen, weil 
Frauenmilch im Magen des Kindes in kleinen feinen Flöckchen gerinnt, Kuhmilch 
aber in großen festen Klumpen, welche lange nicht so gut verdaut werden 
können, weshalb Brustkinder selten, Flaschenkinder aber sehr häufig an Vcr- 
dauungsbeschwerden leiden. Dazu kommt dann der weitere Nachtheil, 
daß die Beschaffenheit der Kuhmilch ebenso sehr von der Fütterung abhängt, 
wie die Muttermilch von der Ernährung der Frau, daß man diese aber nicht 
so leicht in der Hand hat, wie jene, weil man die Milch eben nehmen muß, 
wie man sie von den Händlern bekommt; deshalb sind nun in der neuesten 
Zeit in einigen Städten sogenannte Milchkuranstalten entstanden, wo 
unter ärztlicher Controle gesunde Kühe in luftigen Stallungen gut gepflegt 
und das ganze Jahr hindurch gleichmäßig gefüttert werden, um gleichsam 
an Stelle der Menschcnammen dienen zu können! 
Man hat nämlich die Erfahrung gemacht, daß die Sterblichkeit der Kinder 
in der heißen Jahreszeit größer ist, während die der Erwachsenen im Winter 
am höchsten, und gefunden, daß diese größere Sommer st erblichkeii der 
kleinen Kinder nur die mit künstlicher Nahrung aufgezogenen trifft, nicht 
aber die Säugekinder und daraus geschlossen, daß diese höhere Sterblichkeit 
hauptsächlich in Ernährungsstörungen ihren Grund haben müsse, welche 
wieder in mangelhafter und fehlerhafter Beschaffenheit der Nahrung 
zu suchen sind. Nächst der oben angegebenen nie zu beseitigenden Abweichung 
der Kuhmilch von der Frauenmilch kommen beim Gebrauch derselben als Säug 
lingsnahrung nun aber noch andere Nachtheile vor, die auf das Gedeihen der 
Kinder von großem Einfluß und meistentheils von der Pflege und Fütterung
	        
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