28
die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit zugegeben werden müsse, daß durch
die Impfung der Impfling mit Syphilis iufieirt werden kann!
2. Weil nach demselben die Vaccination 11 Jahre vor den Pocken schütze,
während nach seiner Erfahrung die Schutzkraft durchschnittlich nicht länger,
als fünf Jahre dauere!
Deshalb und aus noch andern Deduetionen, die man im Schriftchen nachlesen
mag, hält er dafür, daß das Zwangsimpfgesetz eine gar nicht ausreichende
Maßregel, sondern eine blose Vexatiou sei, da der angebliche Schutz vor
Pocken durch dasselbe n i ch t erzielt wird.
Als 3. Punkt gegen das Reichsimpfgesetz führt er beit I r r w a h n an :
daß durch dasselbe für die Zukunft Pockenepidemien vorgebeugt werden könne,
wie wir sie 1870/71 in Deutschland hatten! Die Lum p en th e o r i e der
Jmpfgegner vornehm zu belächeln, liege wissenschaftlich kein Grund vor; denn
daß die Pocken durch pockenschweißige ungewaschene Wolle und Felle pockenkranker
Schafe auch weiter verbreitet, oft anfänglich eine Krankheit der Bauern seien
und durch diese in die Städte eingeschleppt werden, sei nicht die müßige, durch
Nichts erwiesene Theorie eines Töpfermeisters von Linnich wie zu ihrer eigenen
Schande die Jmpffrennde einen Jmpfgegner (Dr. Oidtmann) genannt haben,
sondern ein einfaches Factum, das schon vor vielen Jahren auch von andern
Aerzten gemacht worden! — Ferner sagt Verfasser:
Da die Schafpocken und die Menschenpocken identisch sind, leuchtet ein. daß die Menschen
das Pockencontaginm ebenso gilt von den Schafen bekommen können, als von den all
Pocken erkrankten Menschen. Was nützt es also, bei den Menschen die Quelle der Ansteckung
verstopfen zu wollen, bei den Schafen sie fortwährend offen zu lassen? Wenil daher
in Preußeil die Schafpockenimpsnng verboten wurde, weil zll viele Schafe daran starben,
so hätte man sie doch aufrecht erhalten müssen, um zu verhindern, daß von beit blättern
den Schafen Menschen angeftecft würden. Soll daher das deutsche Jmpfgesetz einen
wirklichen (?) Schutz gewähren, so müssen nicht blos je f ü n f jäh r i g e Zwang s-
i mp s un gen eingeführt, sondern es müsseil entiveder alle Thiere von den Menschen
ferngehalten werden, oder sämmtliche Thiere, welche auch von den Pockeil befallen
werden, müßte man ebenso alle 5 Jahre impfen, vorausgesetzt, daß die Experimental-
palhologie den Beweis liefert, daß das Jenner^sche Experiment sich bewähre. Da man
aber der Vögel nicht habhaft werden kann, so würde immer eine große Zahl voll Weseil
zurückbleiben, welche dazu bestimmt wären, die Pocken weiter zu verbreiten uild als
Z unbe r zu dienen !
Verfasser sagt ferner:
Jetzt noch einige Worte über die Absicht der Jmpsfreunde, in Zukunft das Jmpfgesetz
so zu amendiren, daß vorgeschrieben würde: für die Folge n u r mit ant in aler
Lymphe zu impfen. Nach unsern Erfahrungen erzeugt dieselbe keine guten Vaceinar-
pusteln und es tritt die Nothwendigkeit ein, abgesehen davon, daß eine solche Impfung wegen
der damit verbundenen abnormen Kosten sich s ch tme r durchführen ließe, zuvor durch
das Jenner'sche Experiment den Beweis ztl liefern, daß sie stets denselben Schutz
gewähre, wie die Humanistrte Lymphe. Wir wollen überdies oarauf Hinweisen, daß hier
die Gefahr vorliegt, die Perl sucht von den Kühen ans die Menschen zu übertragen.
Schließlich müssen wir noch hervorhebetl, daß das Julpfgesetz formell sich dadurch
schon außer Kraft gesetzt hat, daß es nicht zugleich b e st l m m t e, der Jmpsarzt
sollte das Recht haben, von jedem seiner ihm gntdünkenden Impflinge Ly mphe zum
Weiterimpfen zu entnehmen!
Alle Jmpfgegner brauchen also nur auf diesen ihre m Rechte zu bestehen, um
den Jmpfärzten alle Impfungen unmöglich zu machen!
Zum Schluß sagt Verfasser uoch Folgendes:
„Wenn man uns aber früge, was man an die Stelle des Jmpfgesetzes setzen solle, so
antworten wir darauf: der Staat führe in allen Volksschulen einen popttlären Unterricht
der Diätetik und Hygieine ein. Die medizillische Aufklärung (?) lvird dann sicher so
zunehmen, daß die Jmpfgegner in wenigen Jahren der Paläontologie (hoho!!
d. R.) angehören werden; Jeder wird dann in seinem eigenen Interesse von feinem Hans-
arzte alle 5 Jahre sich impfen lassen! Dabei reservire der Staat sich das Recht,