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Sätze niederschreiben läßt, welche eine derbe Erwiderung dieser offenbaren Auf
schneiderei provociren müssen! Ich will es damit aber für jetzt gut sein
lassen und verweise die Leser auf einen demnächstigen Artikel im Hauptblatt, in
dem das Dr. Kles'sche Heilverfahren von einigen seiner gewesenen Patienten
zu Nutz und Frommen Aller der Wahrheit gemäß geschildert wird!
6. Eduard Reich, Pathologie der Bevölkerung- gr. 8, 400 S.
Berlin 1879. Verlag von Th. Grieben. Preis M. 6.
Vers. betrachtet in seinem Werke die Gebrechen des Menschen aus dem
Gesichtspunkt der pathologischen Anthropologie und Bevölkerungshygieine und
glaubt dabei zu Ergebnissen gekommen zu sein, deren Bedeutung für das Leben
und für die Wissenschaft nicht gering sein dürfte! In der Einleitung
bespricht er die Begriffe „Gebrechen, Entartung" und sagt, daß deren
Quellen immer auf physisches und moralisches Elend sich zurückführen lassen,
denn Niemand entarte, dessen Lebensbedingungen gut und entsprechend seien, der
von leiblichem und sittlichem Elend nicht heimgesucht werde. Nächstdem vertrage
die menschliche Gesundheit Aufregung oder Niederdrückung des seelischen Lebens
nur als kurz vorübergehenden Zustand, nicht für die Dauer; jede Ueber-
schreitung dieser Norm werde durch leibliches Erkranken und zuletzt durch
Entartung bestraft. Schließe irgend eine Politik, Religion, Verwaltung
allzuhäufige Wiederholung von Affeeten bei den Unterthanen und Gläubigen ein,
erzeuge und unterhalte sie Leidenschaften, so veranlasse sie Störungen inner
halb der Ernährung und des Umsatzes der Gebilde und werde, verhängißvoll
auch deshalb, weit solche Störungen schließlich Degeneration erwirken.
Aber weit mehr als Politik, Religion re. seien es die Fragen des Besitzes, ins
besondere des Geldbesitzes, welche Aufregung oder Niederdrückung des s e e l i s ch e n
Lebens bedingen und herrschend machen; man dürfe mit Gewißheit aussprechen,
daß unmittelbar wie mittelbar das Geld es sei, welches leibliche und sitt
liche Entartung in größtem Maaße erwirke, unzählige Selbstmorde und Ver
brechen veranlasse und ganze Geschlechter frühzeitig von der Erde hin
wegfegte! Wohl mit Recht hat daher kürzlich ein preußischer Minister die Börse
einen G i f t b a n m genannt. —
Vers. bespricht nun von obigem Gesichtspunkt aus Epidemien und Endemien,
Malariakrankheiten, Ansteckungskrankheiten, typhöse Erkrankungen, Cholera, Pocken
und Impfung; physische Gebrechen, anämische Leiden, nervöse Leiden,
Hypochondrie und Hysterie, Epilepsie. Taubstummheit, Scrophelkrankheit, Rachitis,
Schwindsucht, Kreb-krankheit, Gicht, Hämorrhoiden, Syphilis und Prostitution,
psychische Gebrechen: Wahnsinn, Blödsinn, Selbstmord und Verbrechen.
Von dem, was Vers. S. 71 über Pocken und Impfung sagt, will ich
Einiges zur Beachtung hier mittheilen und zugleich als Probe, was man
von demselben auch bei Besprechung der andern Gebrechen zu erwarten hat; es
lautet wörtlich:
,,Noch eine Anzahl epidemischer Krankheiten wirkt durch sich selbst oder durch
Nachkrankheiten entartend auf das Menschengeschlecht; es sind dies gegenwärtig die
Pocken und jene Geistes seuche, welche durch die Impfung sich ausdrückt. Wie alle
epidemischen Krankheiten nehmen auch die Pocken ihren Ursprung größtentheils
aus Elend, Gesundheitswidrigkeit und jenen schlimmen Verhältnissen, welche die
Kraft des organischen Widerstandes herabsetzen und die Lebensmedien mit Schäd
lichkeit erfüllen, verpesten, vergiften. Um also die Pocken zu verhüten und der
aus dieser Seuche entspringenden Entartung vorzubeugen, haben wir ganz
dasselbe zu beginnen, was oben behufs Verhütung von Cholera und Typhus ge
fordert wurde. Bevölkerungen, die vollkommen hygieinisch und moralisch leben