Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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hier, der sich mehre Monate auf der Waid bei St. Gallen aufgehalten, aufgefordert, ihm 
ein Kettenband zu schicken für eine Dame, von Pauli ny benamst, Italienerin. Diese 
Dame hat 17 Jahre lang nur mit Mühe mittelst 2 Krücken langsam sich fortbringen können. 
Nach 5 wöchigem Gebrauch I h r e s K e t t e n b a n d e s hat sie vergangene Woche einen 
Berg, s / 4 Stunde Entfernung, mittelst Stockes und von ihrem Manne leicht am Arme ge- 
fi'lhrt, besteigen können, ohne Hinterlaß von irgend welchen Beschwerden! 
A. W. Z e u m e r, maä. pract. 
Ich ging dann die Treppe hinauf in die Wohnung des Herrn Krähmer, 
bat um einen Prospect, ließ mir auch sein Fabrikat zeigen und Abends 
nach Hause gekommen, setzte ich mich sofort hin und schrieb an Kollege H a h n, 
was er zu diesem Pauliny'schen Attest sage, da ich einiges Mißtrauen in die 
Richtigkeit desselben setzen zu müssen glaube, weil mir Herr Schönherr als ein 
zu eifriger Anhänger unseres Heilverfahrens bekannt sei, der ein solches Fabri 
kat wohl kaum in seine Protektion genommen haben kann. Darauf erhielt ich 
von Th. Hahn umgehend nachstehende 2 Schreiben im Original, deren 
Inhalt wohl keines Commentars bedarf! Ferner schrieb ich an Kollege Dr. 
Hacker in München, von dem auch eine merkwürdige Antwort einlief, die ich 
ebenfalls hier folgen lasse und die gleichfalls keiner Ergänzung von mir bedarf, 
da sie ebenfalls dokumentirt, wie heutigen Tages Atteste gemacht werden! 
Ob aber in solchen Fällen nicht von Seiten des Strafrichters dem betr. Fabri 
kanten tüchtig auf die Finger geklopft werden sollte, ist auch eine Kulturfrage, 
die sich Jeder selbst beantworten mag! 
Cremona, 1. Mai 1880. 
An Herrn Dr. Hahn auf der Waid. 
Meine Frau bekam dieser Tage aus Deutschland Anfragen wegen einem Reclame- 
Artikel, der sagte, daß sie von 17jahrigem K r ii ck e t r a g e n wegen Rheumatismus 
und Gicht durch das elektrische K e t t e n b a n d Krähmer's in Dresden geheilt worden 
wäre! Verf. dieses Passus ist der Leibarzt des Herrn Schönherr aus Chemnitz. Die 
Sache ist jedoch nicht wahr und auch u n d e l i k a t, da sie ohne unser Wisse n und 
Zustimmung veröffentlicht wurde! Von einer Heilung kann schon kaum die Rede sein; 
die Krücken trug sie nur seit 6 Monaten und die erlangte Besserung auf der Waid 
hat sie lediglich Ihnen und Ihrer Kur zu verdanken! Haben Sie Gelegenheit und Lust 
dazu, so geden Sie der Sache ein Dementi! Edmund von Pauliny. 
Im Briefe vom 22. December 1879 steht noch folgender Passus: 
Meine Frau hinkt zwar noch wie vorher, jedoch haben sich die Schmerzen ver 
mindert und die Kräfte vermehrt; ihr Aussehen ist sehr blühend, nur leider nimmt sie im 
Gelvicht und Umfang zu, weil sie nur wellig Belvegung zu machen vermag. Sie wie ich 
setzen die vegetnrianische Diät noch fort. Sie ist auch in der Grotte vonMonsumano 
gewesen, die jedenfalls nicht geschadet, während das elektrische K e t t e n b a n d , 
ein wahres Spielzeug, N i ch t s g e n ü tz t h a t! Ed. v. P a u l i n y. 
Urtheil des Herrn Dr. med. Hacker, Direktor der hygieinischen Heil- und Pfleg 
anstalt in München. 
Bei der von Jahr zu Jahr sich steigernden Zahl von Nervenkrankheiten der verschieden 
sten Arten und in Anbetracht der socialen Lage der Meisten, welchen in Folge dessen alle 
anderen Kurmethoden wegen Kostspieligkeit fast unmöglich werden, ist es nicht blos mit 
Freude zu begrüßen, sondern vielmehr eine Pflicht, für Ihre s ch ö n e Er 
st nd u n g nach Kräften zu w ir k e n. 
München, 27. Januar 1880. Dr. ineä. Hacker. 
Verehrter Kollege! 
Ich danke Ihnen vor Allem, daß Sie wenigstens von mir nicht denken, daß ich durch 
irgend ein Attest von meiner Hand irgend welchen Schwindel zu unterstützen fähig bin! 
Als Herr Krähmer durch die „Neuesten Nachrichten" seine durch ärztliche Atteste angerühm 
ten Wunderkuren und seine Anwesenheit im bairischen Hof (Gasthof I. Ranges!) an 
gekündigt hatte, begab ich mich Sonnabend, den 17. Januar a. c. auch dahin, um dem 
wundergläubigen gebildeten und nilgebildeten Pöbel und dessen dummen Fragen gegenüber 
mit gutem Gewissen mein persönliches Zeugniß abgeben zu können. Herr Krähmer bedau 
erte, mir kein Stück mehr zeigen und verkaufen zu können, weil sein Vorrath ausgegangen, 
er werde mir aber 1 Exemplar zusenden. Nach Ankunft probirte ich die Kette an den
	        
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