11
solle ich wieder kommen, worauf er mir hernach den Magen auspumpen wolle.
Ich bemerkte ihm darauf, daß mir diese seine Verordnung doch etwas auffallend
sei, denn mir scheine eher die L e b e r krank zu sein, als der Magen, der bis
jetzt immer Alles gut verdaute, was ich ihm zugeführt und n i e Schmerzen
auf irgend eine Speise mir verursacht habe, wogegen es mir ja in der
Lebergegend weh thue; ich fügte auch hinzu, er möge mir nur reinen Wein
einschenken und es mir offen gestehen, wenn er meinen Zustand gefährlich
finde; er beruhigte mich aber darauf und sagte ich solle in 4 Wochen wieder?
komme», dann würde sich das Weitere schon finden. Ich bin nun nach Ablauf
dieser Zeit, vor 10 Tagen, wieder bei ihm gewesen, habe ihm geklagt, daß
ich mich -viel kränker fühle als bei meinem ersten Besuche und ihn gebeten,
mir seine Ansicht über mein Leiden ganz unverhohlen mitzutheilen; darauf
untersuchte mich Dr. M eine r t wieder nach allen Richtungen, was, über eine
Stunde dauerte, kochte auch meinen Urin ab und erklärte mir dann, daß ich
wirklich an der Leber leide (wie ich ja schon früher vermuthete) und zwar
auf eine Art, die die Wissenschaft für unheilbar erkläre; er schrieb mir auch
den Namen auf einen Zettel — Lebercirrhosc — und fügte hinzu: gehen
Sie immerhin noch zu einem andern Arzte und sagen Sie ihm ohne Anstand,
daß ich diese Krankheit bei Ihnen gefunden habe; nachdem >vir hierauf noch
Einiges mit einander gesprochen hatten, sagte mir Dr. Meinert, ich solle es
mir von heute an recht bequem machen, so viel ich könnte, denn möglicherweise
lebte ich nur noch 6 Wochen und überhaupt würden die Schmerzen so zu
nehmen , daß ich bald nicht mehr würde arbeiten können, tvas mir übrigens
damals schon sauer geschah. Ich ging mit diesem Kanzleitrost ganz entmuthigt
nach Hause, verrichtete nur mühsam die nothwendigsten Arbeiten, konnte bald
wegen Zunahme der Schmerzen nicht mehr sitzen und nur gebückt gehen.
Einer meiner Freunde, der mich in diesem Elende sah, fuhr ohne mein Wissen
nach Dresden, besuchte Herrn Dr. Meinert, befrug ihm über mein Leiden und
ob denn hier Carlsbad nicht noch helfen würde? Darauf erklärte ihm derselbe
das Gleiche, was er mir schon gesagt, nämlich, daß ich die unheilbare Leber-
ei r r h o s e habe, wo N i ch t s mehr helfen könne, ich müsse st erbe n und
spätestens binnen Jahresfrist sei ich todt!
Hierauf frug ich den Herrn, ob ihm denn Dr. Meinert gar Nichts vom
Wasser gesprochen, nicht vorgeschlagen habe, nach der Wasserheilanstalt
Kreisch a zu gehen, deren Dirigent er damals war, uni noch den letzten
Versuch mit der Wasserkur zu machen, weil ihn die Apotheke hier im Stiche
lasse? ,Nicht ein Wort hat er mir davon gesprochen' — erwiderte mir der
selbe — denn sonst wäre ich ja gar nicht hier bei Ihnen; erst mein Chef hat
mich darauf aufmerksam gemacht, und mir gerathen, doch auch einmal zu
Ihnen zu gehen und Ihre Ansicht zu hören, ehe ich mich so ohne Weiteres
zum Abmarschiren fertig mache, was ihm jetzt geschäftlich gar nicht Passe. —
Nunmehr ließ ich Herrn M., so viel nöthig, sich entkleiden und auf mein
Klappgestell legen, wo ich seinen ziemlich aufgetriebenen und mäßig harten
Leib gelinde massirte und knetete, auch einige passive und duplicirte Beweg
ungen mit Rumpf lind Beinen vornahm, was Alles ihm ziemliche Schmerzen
verursachte; alsdann erklärte ich ihm, daß ich von seiner Leber wenig ent
decken könne, da ich mit den, Fingern fast gar nicht unter die Rippen gelangen
könne; etwas sei in seinem Leibe allerdings faul, ob aber die Lebe r a l l ein,
oder auch noch benachbarte Organe mit erkrankt seien, das lasse ich dahin
gestellt sein, und werde sich im Laufe der Behandlung schon herausstellen,
immerhin können die Schmerzhaftigkeit, die Schwäche, das Zittern der Hände,