Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Allerneueste und Wesentlichste über diese Erkrankung und die zur Zeit b e st e 
Behandlung zu ersehen ist, was unser Nestor der Hydropathie sicherlich mit 
großem Interesse gelesen haben muß und nun höre man, was derselbe mir 
unterm 23. November schreibt: 
Nach dem Tode meiner prächtigen Kinder bemühte ich mich, die mir bis dahin 
fremd gebliebene Krankheit (?) näher kennen zu lernen und hielt es, sobald 
ich das Wesen derselben erkannt 51t haben glaubte, für meine Pflicht, auf die A n a l 0 g i e 
des Schlangengiftes mit dem der D i p h t h e r i t i s und auf das Mittel, welches 
sich gegen das erstere bewährt, aufmerksam zu machen. Dabei handelte es sich weder um 
Wasserheilkunst, noch um irgend eine andere Heilmethode, sondern um die Möglichkeit, 
durch meine Hypothese Menschenleben zu retten! Ich habe nie in einer langen 
Praxis einen Kranken meiner Methode geopfert, d. h. ich bin nie ein Wasserfanatiker ge 
wesen! Wenn ich, der ich nie einen Fall von Diphtheritis selbst behandelt, ja nicht einmal 
Gelegenheit gehabt hatte, einen solchen zu beobachten (weshalb Sie auch in meiner Hydro 
therapie Nichts als den Namen der Krankheit finden), bei der plötzlichen Erkrankung 
meiner Kinder einen befreundeten Arzt zu Rathe zog, der hunderte von Fällen mit mehr 
oder weniger günstigem Erfolge behandelt hatte, so ist dies gewiß weniger zu tadeln, als 
wenn ich mein Gewissen mit dem Tode zweier geliebter Wesen belastet hätte, den zu er 
tragen mir ohnehin schwer genug geworden ist. Hydriatische Mittel, namentlich 
nasse Einwicklungen hatten gar keinen Erfolg, was mir das Recht (?) gab, in 
meiner Brochüre zu sagen: Mit Wasser ist absolut Nichts zu machen! Was man 
mit Wasser- mächen kann. weiß ich gar wohl, ich weiß aber auch, was man nicht damit 
machen kann und das wissen Biele noch nicht, die nach mir (?) gekommen sind! Was 
blieb mir unter den Umständen übrig, als die Behandlung dem erfahrenen Kollegen und 
einem Freunde zu überlassen, die opferwillig Tag und Nacht bei den Kleinen zubrachten 
und Alles anwendeten, um sie zu retten? Abgesehen davon, daß ein Vater nicht nur einen 
Kopf, sondern auch ein Herz hat und daß man mit 75 Jahren nicht mehr die Kraft und 
Energie der Jugend besitzt, batte ich Rücksichten auf die ebenfalls erkrankte junge Mutter 
zu nehmen und durfte, nach österreichischen Gesetzen, meine Familie an einer gefährlichen 
Krankheit nicht selbst (?) behandeln! Sollte ich zu Ihnen oder Dr. B i l f i n g e r 
schicken, der die Diphtherie am Schnürchen hat, nebenbei aber homöopathische Mittelchen 
für wirksam hält, oder .gar nach Zöppritz, den ich ebensowenig zu kennen die Ehre 
habe, wie Dr. Bilf in ger? Wahrlich, ich kann keine Schuld an mir finden, wenn ich 
als Apostel Prießnitz's in meiner Noth zu dem einzigen (?) Mittel griff, das mir 
in meiner Lage geblieben. Jedenfalls sind Sie als Archi-Vegetarianer (?) mehr 
zu tadeln (??), wenn Sie am Rhein Lammsbraten und in Tyrol Gemsbraten 
essen, weil Sie sonst mit Brod und Milch vorlieb nehmen mußten! (oho!) Haben Sie 
nur keine Sorge: der alte Munde ändert seine Ueberzeugung von dem Unwerth der Arzneien 
und dem Werthe des Wassers deshalb nicht. Der Erfolg im vorliegenden Fall war ein so 
trauriger, daß er Nichts dazu beitragen konnte, mich zum Renegaten zu machen. Ihr 
„Nestor der Hydropathie" bleibt Hydriat bis an's Ende, wenn auch nicht aus esprit de 
corps oder Fanatismus. Das wird ihn aber nicht hindern, die Bemühungen Anderer (?) 
aus dem Felde der Heilkunst anzuerkennen (?) und zu ehren (?), vorausgesetzt, daß sie den 
Fortschritt fördern! Meine Brochüre ist in der redlichsten Absicht geschrieben, mit 
zuhelfen, wo Hilfe so sehr noth thut; ich habe weder ein Honorar von dem Verleger ver 
langt, noch Reclame damit machen wollen, denn ich prakticire bekanntlich schon lange nicht 
mehr. Es ist also nicht recht, wenn Sie „Ihren Naturarzt" auf meine Kosten pikant (?) 
machen: er ist ja ohnehin interessant genug. Uebrigens habe ich schriftliche und mündliche 
Beweise, daß Alkohol in der That eine Anzahl von Fällen der erschrecklichen Krankheit 
geheilt (?) hat und daß mein Schristchen demnach schon jetzt mehr Nutzen (?) bringt, 
als das Geschrei seiner Gegner! Die Folge wird das Weitere lehren! 
Mit Hochachtung Ihr Dr. C. Munde. 
Darauf muß ich nun unserem wackern „Nestor der Hydropathie" in aller 
Liebe Folgendes erwidern: Nicht erst nach dem Tode seiner Kinder, sondern 
schon viele Jahre früher hätte Dr. Munde sich mit dem Wesen der 
Diphtherie bekannt machen sollen, wenn er sein Buch auf der Höhe der 
Wissenschaft erhalten wollte, in welchem man seiner eigenen Aussage nach blos 
den Namen der Krankheit angegeben findet und dazu bietet ihm ja unsere 
Literatur reichlich Gelegenheit! 
Mein Buchhändler-Conto beträgt seit langer Zeit jährlich über 100—200 Mark
	        
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