Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

zweimal, Winters einmal concertirt; zweimal wöchentlich giebt die Bozener 
Theatergesellschaft Vorstellungen im Kurhause, worin noch eine Lese 
halle mit circa 70 Journalen re. Wer soll nun nach Meran kommen? — 
Zarte, schwächliche, rhachitische und scrophulöse Kinder, schwächliche, der Schwind 
sucht verdächtige, blutarme junge Leute in der Entwickelungsperiode, Personen 
mit chronischen Lungenkatarrhen und Lungenschwindsucht, Emphysem, Asthma, 
chronischer Nierenentzündung, Reconvalescenten nach schweren Krankheiten, Gicht- 
und Nervenleidende und alle jene Unterleibskranken, bei denen Trauben- und 
Obstkuren angezeigt sind. 
Aber auch Grahambrot ist in Meran zu haben nnd weiß einer der 
dortigen Aerzte, Dr. Kühn, darüber Folgendes zu seiner Empfehlung anzu 
führen : 
„Die Beobachtung der Physiologen, daß bei dem allgemein üblichen Mühlenprocesse der 
größere Theil der für die Ernährung werthvollen Bestandtheile des Weizens mit der 
Kleie ausgeschieden wird und somit bei der B r o t b e r e i t u n g nicht zur Verwendung 
kommt, brachte den amerikanischen Arzt Professor Graham auf die Idee, ein Brot be 
reiten zu lassen, das ohne Zuthat von Salz und ohne Hefe oder Sauerteig aus reinem 
u n g e b e u t e l t e m Weizenmehl dargestellt wird. Da die Kleie außer den Fruchtschalen 
den größeren Theil der E i w e i ß b e st a n d t h e i l e und der Salze enthält, so 
wurde durch das Zurücklassen derselben im Mehle ein zweifacher Vortheil erreicht; 
a) erhöhte man den Nährwerth des Mehles jedenfalls um das Doppelte und 
b) wurde dadurch die Salzzuthat bei der Brotbäckerei völlig ü verflüssig gemacht, 
indem die gesammten Salze des Weizens ausreichen, dem Brote den nöthigen Wohlgeschmack 
zu verleihen. Noch mehr vereinfacht wurde die Brotbereitung durch Hinweglassung 
der Hefe oder des Sauerteiges; die blähende Eigenschaft dieser bisher fast für unent 
behrlich gehaltenen Bestandtheile hat wohl Jeder beim Genusse frischen Brotes selbst er 
fahren und so konnte man, der Leichtverdaulichkeit und Reizlosigkeit des Brotes Rechnung 
tragend, desto leichter auf diese Beigabe verzichten, als die Lockerung des Graham 
brotes durch den beigemengten Zellstoff der Kleie bedingt ist und andererseits 
noch durch längeres Durchkneten erzielt wird. 
Die Bereitungsweise des Grahambrotes ist folgende: Man verrührt 
eine Quantität ungebeutelten Weizenmehles (man kann aber auch eine Mischung von zwei 
Theil Roggen-, und ein Theil Weizenmehl nehmen) mit lauem Wasser zu einem 
Teig, knetet denselben gut b it r ch und läßt ihn ungefähr zwei Stunden in einer Tem 
peratur von 19—200 stehen und formt ihn dann in runde oder ovale Brote und bäckt 
dieselben in einem schwach erhitzten Ofen. 
Wenn bisher unter den Vorzügen des Grahambrotes dessen Nährwerth, Reiz 
losigkeit und Leichtverdaulichkeit betont wurde, so fragt es sich wohl noch: 
welche Rolle spielen denn bei der Verdauung die unverdaulichen Theile der 
Kleie, der Zellstoff? Antwort: Es ist ohne Zweifel, daß die den Teig allent 
halben durchziehenden Theilchen des Zellstoffes dazu beitragen, dem Schrotbrote ein 
trockenes, bröckeliges Gefüge zu verleihen; durch diese Eigenschaft und die 
birecte Einwirkung des Zellstoffes auf die Mundschleimhaut wird nicht nur eine stärkere 
Speichelabsonderung cffektuirt, als durch das sich in Klumpen ballende gewöhnliche 
Weizenbrot, sondern es findet auch eine innigere Vermengung des Speichels mit den Brot- 
theilchen statt, womit gleich der erste Act der Verdauung vollständiger vor sich geht; 
in derselben Weise scheint der Zellstoff auch im Magen und Darmkanale durch di- 
recte mechanische Reizung die peristaltische Bewegung anzuregen und in diesen, sowie 
in den drüsigen Unterleibsorganen eine stärkere Absonderung zu veranlassen. Es liegt 
also auf der Hand, daß das Grahambrot gerade in den Fällen von Unterleibs- 
st ö r u n g e n , welche auf Trägheit des Magens und Darmkauals oder mangelhafte Ab 
sonderung der drüsigen Unterleibsorgane beruhen, ein sehr schätzenswerthes Heilmittel ist 
und daß durch Einführung dieses natürlichen Brotes in dem Haushalt den 
melsten dieser Leiden mit Leichtigkeit vorgebeugt werden kann! Das Grahambrot wird 
übrigens auch von kränklichen Personen und Kindern, die über die ersten Lebens 
jahre hinaus sind, gut vertragen und wenn sich unser verwöhnter Gaumen auch 
anfänglich an dieses einfache, natürliche, aber wenig leckere Gebäck häufig erst gewöhuen 
uruß, so wird dasselbe im Verlaufe der Zeit fast immer mit Vorliebe genossen! 
Ich konnte mir nicht versagen, unsern Leuten vorstehende medizinische Er 
klärung über das noch immer nicht genug gewürdigte Schrotbrot mitzutheilen
	        
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