Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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aber ich bitte, lassen Sie mich bis Innsbruck das Fenster wenigstens ein Viertelchen offen 
stellen, denn frische Lust ist Lebensbedingung fiir alle Lungen, die gesunden, wie die 
tranken, und für diese e r st recht, wozu sie verwundert die Köpfe schüttelten! 
Von Hause aus hatte ich diese Tour nicht im Sinne gehabt, allein da gegen 
die Elemente einmal nicht zu kämpfen ist und gute Gedanken Einem auch 
unterwegs kommen, so entschloß ich mich unschwer, gute Miene zum bösen 
Wetter und einen Abstecher nach Bozen und Meran zu machen, wohin ich 
schon lange einmal meine Schritte lenken wollte. 
Am andern Morgen war ich früh auf, ging ohne Frühstück fort und fürbaß 
nach der auf dem linken Ufer des Inn gelegenen, ca. 1 Stunde entfernten Ort 
schaft M ü h l a u, wo vor vielen Jahren eine Kalt Wasser heilan st alt 
existirte, weil es hier viel und gutes Wasser giebt; ich fand auch das 2stöckige 
Haus nach vielem Fragen und in dessen Parterre noch 6 primitive Badestnben 
mit hölzernen Wannen und hörte, daß hier blos noch Bäder gegeben werden; 
den Rückweg nach Innsbruck nahm ich nun nicht mehr der Straße nach, sondern 
einen Bergweg entlang, auf dem ich nach Schloß Cederfeld gelangte, einem 
Zstöckigen großen Gebäude im Schwcizerstil mit Badeeinrichtung und 
Gartenanlagen, worin ein Pensionat für Fremde; von der Terrasse, noch 
mehr aber von den Zimmern hat man eine entzückende Aussicht auf die jen 
seitige Stadt Innsbruck, den vorbeifließendcn Fluß und die sie in weitem Kreise 
umgebenden zahlreichen ca. 2000 Meter hohen, meist kahlfclsigcn und ausge 
zackten Berge. Bekanntlich zählt man Innsbruck wie Salzburg und Graz zu 
den schönstgelegenen Städten in den deutschen resp. österreichischen Alpen. 
Gegen 10 Uhr in die Stadr zurückgekehrt, mahnte mich ein lebhafter Hunger» 
mich nach einem Ort zum Frühstücken umzusehen und da ich gerade vor dem 
„deutschen Kaffeehaus" stand, wie auf dem Schild zu lesen, so ging 
ich in das von außen stattliche Restaurationslokal, das ich auch innen recht 
hübsch fand; nachdem der Magen befriedigt war, sah ich mich nach Geistesfutter 
um und fand auf einer pyramidalen Stellage neben der „Augsburger Allge 
meinen" auch Nr. 9 meines „Naturarzt", was mich nicht wenig wunderte 
und freute! Ich besah mir dann noch rasch, was die alte Tyroler Residenz 
stadt Sehenswerthes bietet, nämlich: in der Franziskanerkirche 3 prächtige 
marmorne Grabmäler — des Kaisers Maximilian I., des Erzherzogs Ferdinand 
mit seiner Philippine Welser, und des Sandwirths Andreas Hofer; das 
Ferdinandeum, (das tyroler Nationalmuseum), worin das Mahiknecht'sche 
Oelbild — „PH. Welser vor dem Kaiser mit ihren 2 Knaben"; das Haus 
zum goldenen Dachl, dessen Dach mit vergoldeten Kupferplatten gedeckt 
ist, welche 200 000 Dukaten gekostet haben sollen rc. und ging gegen Mittag 
in mein Hotel (goldene Sonne) zurück, restaurirte mich und fuhr dann mit 
dem Eilzug 1,40 auf der B ren n crb ah u nach Bozen, wo ich gegen 7 Uhr 
ankam und im Gasthaus Stiegt der Gebr. Trafojcr in der Zollgasse ganz 
zufällig ein gutes und billiges Unterkommen fand, während ich eigentlich 
rm goldenen Engel einkehren wollte! (Siehe am Schluß!) 
Ueber die höchst interessante Brennerbahn will ich kein Wort weiter 
verlieren, sondern verweise auf die Reisebücher. 
Am andern Morgen, Sonntag dem 11. October, war mein erster Gang 
nach dem nahen Calvaricnbcrg, um einen Ueberblick über Stadt und Gegend 
zu bekommen; dann kehrte ich wieder zurück und ging durch die eigenthümliche 
Laubengasse mit ihren Häusertunnels nach dem Obstmarkt, kaufte mir Pfirsiche, 
Feigen und Weintrauben, sowie ein Billet zum Bock auf der kk. Mallepost nach 
Meran, denn das Wetter war prachtvoll geworden und darum eine Bockfahrt
	        
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