Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

an ein früher dem Herausgeber dieser Zeitschrift gegebenes Versprechen, ihm meine 
Erfahrungen über Diphtheritis mittheilen zu wollen, als daß ich als Anhänger 
einer vernünftigen volksverständlichen Heilweise noch länger damit zögern sollte. 
Ich habe in den letzten 5 Jahren sehr reichlich Gelegenheit gehabt, in 
hiesiger Stadt und Umgegend, ja wiederholt in der eigenen Familie, sogar 
einigemal an mir selbst, die eingehendsten Beobachtungen über die Entstehung 
und den Verlauf dieser Krankheit anzustellen. Meine Erfolge ermuntern mich, 
die Grundsätze meiner Behandlung auch einem weiteren Kreise mitzutheilen. 
Ich verlor zwar anfangs auch das eine oder andere daran erkrankte Kind. 
Seitdem ich aber die richtige Fährte gefunden, gehe ich mit der größten Seelen 
ruhe an das Krankenbett der Diphtheritis, denn ich weiß aus hundertfältiger 
Erfahrung, daß ich jedes daran Erkrankte, soweit cs überhaupt noch menschlich 
möglich ist, sicher retten kann. Bekanntlich gehört die Diphtherie zu den 
jenigen Krankheiten, welche theils vereinzelt, theils seuchenartig auftreten. Die 
sogenannte sporadische Form ist gefahrlos und verläuft bei jeder Behandlung 
günstig. Dagegen gehört die 2. Form, bte sogenannte epidemische Diphtheritis, 
besonders wenn sie an einem Ort längere Zeit einheimisch und bösartig geworden ist, 
zu den heimtückischsten und gefährlichsten Erkrankungen, die zahllose Opfer 
fordert, wenn dagegen nicht die richtige Behandlung eingeschlagen wird. Von 
selbst verläuft sie, wenigstens bei Kindern, nur in Ausnahmsfällen günstig, und 
ich weiß keine Krankheit, bei der der Verlauf so sehr von der Behandlung ab 
hängt , wie bei der Diphtheritis. Den epidemischen Charakter verdankt sie 
nach meiner Erfahrung jedenfalls zum Theil ihrer Uebertragbarkeit von Person 
zu Person. Ich habe hiervon einige gar nicht anders zu erklärende Beispiele 
erlebt und zweifle sogar nicht, daß z. B. der Arzt, ohne daß er selbst daran 
erkrankt wäre, sie von Haus zu Haus mittelst seiner Kleider u. s. w. tragen 
kann. Auch hierfür stehen mir sprechende Beispiele zu Gebote. Falsch ist da 
gegen die Annahme, daß die Krankheit nur un dallein durch Ansteckung von 
Person zu Person entstehe. Vielmehr glaube ich, daß die Diphtheritisquelle 
für ein Haus häufig z. B. im Abtritte, in einer am Hause vorübergehenden 
Dohle und ähnlichem gesucht werden muß. Als Vermittler beschuldige ich 
niederste lebende Organismen, welche e i n g e a th m e t werden, auf der Schleimhaut 
der Tonsillen im Halse einen günstigen Nährboden finden, sich hier milliarden 
weise vermehren und von hier aus die allgemeine Blutmasse vergiften. Für 
mich steht unzweifelhaft fest, daß der Prozeß, zum mindesten in den meisten 
Fällen, immer z u e r st ein r e i n örtlicher ist und erst nachher ein allge 
meiner wird. Ich konnte dies auf's Ueberzeugendste sowohl an mir, als an 
meinen Kindern nachweisen. Mir selbst begegnete cs z. B., daß ich den Beginn 
einer diphtheritischen Erkrankung durch Besichtigung des Halses feststellte, als 
ich sonst noch nicht das geringste Zeichen von Erkrankung an mir verspüren 
konnte. Dasselbe erlebte ich an meinem 3jährigen Töchterchen, bei dem ich im 
Halse einen deutlichen diphtheritischen Belag entdeckte, als es noch ganz munter 
umhersprang. Eine Stunde daraus stellte sich aber schon starkes Fieber ein und 
zeigte sich das Bild einer heftigeren Allgemeinerkrankung. 
Der anfangs rein örtliche Charakter der Krankheit kann allerdings leicht 
übersehen werden, weil die Diphtheritis-Erkrankung überhaupt in vielen Füllen 
fast ganz schmerzlos verläuft, jedenfalls aber im Anfange kauin einen Schmerz 
im Halse verursacht. Eine einfache Mandel-Entzündung ist gewöhnlich schmerz 
hafter, als die Diphtheritis. Eben deshalb werden aber auch die Meisten erst 
auf die Erkrankung aufmerksam, wenn sie schon weiter vorgeschritten ist und Zeichen 
von einer Allgcmein-Erkrankung, Fieber, Abgeschlagenheit und dergleichen darbietet.
	        
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