Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

Seiten langen Krankheits 
offen sind, gehabt hat. Er schreibt 
berichte an mich Folgendes: 
1. Die v e g e t a r i a n i s ch e Diät hat auf mein Nervensystem einen sehr w o h l - 
thätigen Einfluß ausgeübt: dies kann allerdings nur ich beurtheilen und wird von 
meiner Umgebung niemals richtig gewürdigt werden können, weil Niemand einen Begriff 
von meinen ausgestandenen geistigen Erschöpfungsqualen sich bilden kann und darum auch 
Niemand den großen Vortheil, der mir durch dieses Diätregim erwachsen ist. 
2. Die Vegetarianer diät ist eine vollkommen befriedigende, sehr wohlschmeckende, 
reinliche, kurz gesagt — eine weitaus bessere Diät, als die gewöhnliche, mit allerlei 
schädlichen Reizmitteln verbundene Lebensweise; namentlich großen Widerwillen verspüre 
ich gegen alles Geistige und Narkotische; ich bin glücklich in der Erkenntniß, hierin das 
Bessere, Gesündere und Einfachere gefunden und nunmehr mir angewöhnt 
zu haben. 
3. Habe ich meines Glaubens gerechte Ursache dazu, bei einer Rückkehr zur gewöhn 
lichen Lebensweise ganz gewiß wieder allmälich zum alten Reizzustand der Nerven hinge 
leitet zu werden, der vielleicht zum zweitenmal um so leichter zu einer Erschöpfung führen 
könnte, aus der es aber dann keine Errettung mehr geben dürfte, wie das erstemal. — 
4. Als schädliche Folgen der Begetabildiät halte ich, daß sich meine Scrophnlose- 
seit der Zeit nicht gebessert, sondern entschieden verschlimmert hat. Die Drüsenan 
schwellungen, Abscesse und Vereiterungen am Halse, Kopfe, unterm Haarboden, den Armen^ 
Brustfascien, Oberschenkellymphgefäßen haben an Größe und Häufigkeit zugenommen unl> 
tiefgreifende B e i n h a u t e n t z ü n d u n g e n haben sich hinzugesellt. 
5. Seit meiner „ V e l d e s e r Kur" (Rikli) leide ich an N a ch t s ch w e i ß e n und 
Neigung zu L u n g e n k a t a r r h e n und möchte wissen, wie ich dieselben wieder loswerden, 
kann. — 
Soweit der gewesene Kurgast von Rikli, dem ich bezüglich seiner §8 4, 5 
die Befürchtung genommen, daß erdurchdie Vegeta rianis che Lebens 
weise seine Scropheldiathese vermehrt habe, indem derselbe seiner weiteren 
Mittheilung nach nicht richtig vcgetarianisirt, sondern sich in 
üppiger Weise von Milch und Milchspeisen genährt hat, wo es Einen 
dann nicht wundern darf, wenn Scropheln zur statt abnehmen, da Milch 
von perlsüchtigen Kühen ja bekanntlich im Stande ist, Scropheln 
zu erzeugen! Die Acquisitiou von Nachtschweißen und Lungenkatarrhdis 
position in Veldes ist mir neu, noch von keinem andern Gaste Rikli's ge 
klagt worden, daher will ich wegen dieses einen Falles die Glocke nicht läuten, 
sondern dies nur beiläufig hersetzen, woraus Rikli ersehen kann, daß keine per 
sönliche Animosität gegen ihn mich beherrscht! 
Rikli sagt Seite 52 ferner wörtlich: 
„Zur weiteren Vergewisserung hierüber lade ich alle Opponenten, sowie 
die Propheten meines Nervenruins zu einer Concurrenzprobe der Gesund 
heit ein; da sollten dann verschiedene Erkältungs-, Erhitz ungs- 
und Strapazproben experimentirt werden. Ich bin fest überzeugt, 
hinter keinem meiner Altersgenossen zurückbleiben zu müssen, namentlich 
nicht den Vegetarianern par excellence, den Herren Hahn und Wolbold 
gegenüber! —“ 
Für einen solchen Wettkampf bedanke ich mich schönstens, indem ich meine 
Zeit besser anzuwenden weiß. meine Körpermasd)ine mir viel zu kostbar ist, 
um solche burschikose, eher frivole. Experimente im 57. Jahre mitzumachen, 
die ganz unnöthig sind, da mein doppelter Beruf, als Arzt wie als Schrift 
steller, mich die Leistungen meines Körpers tagtäglich zur Genüge erproben 
läßt und ich alle Ursache habe, vollkommen mit denselben zufrie- 
den zu sein, auch seit 1868 noch nie nöthig gehabt, dieselben durch täg 
lichen Fleisch- und Weingenuß zu steigern! Quod erat demonstrandum! 
(Schluß folgt.)
	        
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