Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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„Wenn es gilt, Kranke gesund zu machen (?), bin ich mit Leib und Seele Anhän 
ger H ahnemann's und lebe der festen, durch Nichts zu erschütternden Ueberzeugung^ 
daß die H o m ö o p a t h i e unter allen Heilmethoden am schnellsten (?)', sanf teste n 
und sichersten (?) heilt. Handelt es sich aber darum, Gesunde gesund zu er 
halten, dann schwöre ich zur Fahne der sog. Naturheilkund e." 
So spricht Dr. Haupt; ich für meine Person sage dagegen: „Wenn 
cs gilt, Kranken wieder zur Gesundheit zu verhelfen — „gesund z u 
machen" ist ein handwerksmäßiger Ausdruck und sollte vermieden 
werden, denn kein Arzt kann in einem Kranken etwas „machen", sondern 
blos die Bedingungen herbeiführen, unter denen der Organismus sich selbst 
helfen kann, gerade so wie der Gärtner eine Pflanze pflegt, daß sie 
wachsen und gedeihen kann; denn so wenig wie derselbe auch nur ein einziges 
Blatt wachsen machen kann, so wenig kann ein Arzt ein winziges Härchen 
erzeugen, und ferner eben so wenig einen kranken Menschen mit Mitteln 
gesund machen! Eher kann man diesen mechanischen Ausdruck noch beim 
Naturarzt anwenden, wenn derselbe einen Fiebernden selbst einpackt und nach 
her im Halbbad s e l b st srottirt und übergießt und derselbe hintenach wieder 
gesund wird, denn hier thut der Arzt doch etwas mit seinen Hän 
den, während beim Arzncischlucken nicht das mindeste seinerseits außer dem 
Receptverschreiben geschieht, was der Wasserdoctor aber auch noch thun kann, 
indem er seine Verhaltungsmaßregeln für den Kranken ebenfalls aufschreibt! 
— so bin ich mit Leib und Seele Anhänger von V. P r i e ß n i tz und lebe 
der festen Ueberzeugung, daß die W a s s e r h e i l m e t h o d e in Verbindung mit 
der richtigen Diät unter allen Heilmethoden in akuten Krankheiten am schnellsten 
und sichersten hilft (heilen thut wieder nur der Organismus selbst, was 
der Lateiner mit vier Worten so schön ausdrückt, irämlich: „natura sanat, 
intzckiLns curat"). 
Wenn Dr. Haupt ferner sagt, daß er zur Fahne der Naturheilkunde 
(nur dann) schwöre, so bald cs sich darum handle, Gesunde gesund zu erhalten, 
so muß er damit alle bis jetzt bekannt gewordenen Factoren meinen, die zuin 
Gesundbleiben und Lebenverlängern beitragen, und nicht blos das Wasser, 
denn dies thut's hier allein nicht! 
Daß die Homöopathie in akuten Krankheiten unter allen Heilmethoden am 
schnellsten, sanftesten und sichersten heile, resp. durch ihre Hilfe die Kranken 
rasch und sicher genesen, ist ein Satz, den ich bestreiten muß, denn mir ist 
in meiner bald 30jährigen Praxis eine ziemliche Anzahl von Krankheitsfällen 
bekannt geworden, wo die Homöopathen machtlos am Krankenbett standen und 
die Kranken nicht retten, nicht amLeben erhalten konnten oder aber, 
wo selbige erklärt hatten, den Kranken nicht retten zu können und woraus 
die Angehörigen dann zu mir schickten, und meiner Behandlung es dann noch 
gelang, den Kranken m it Wasser zu retten. 
Ich will 2 eklatante Fälle dafür anführen, daß die Haupt'schc Behaup 
tung absolut nicht ganz richtig ist! Als ich im Jahre 1859 das Dianabad 
im englischen Garten bei München nach Dr. Steinbacher's Abzug in Dircction 
bekam und zum Schein dem Med. Collegium gegenüber den Bataillonsarzt 
Schlosser zum Vorgesetzten hatte, da führte derselbe mir eines Tages aus 
seiner Praxis eine junge robuste Gräfin zu. deren Oberhaut an den Schenkeln 
Blutflecken zeigte, wogegen ihn — wie er mir scherzend erklärte — die 
Homöopathie int Stiche lasse, die er in seiner Privatpraxis vor 
zugsweise betrieben, während er als k. bairischer Militärarzt im 
Spital zur Fahne der Allopathie schwören mußte und nun noch bei mir 
im Dianabad — um die Dreieinigkeit voll zu machen — die Rolle eines An-
	        
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