Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Meeres und der begegnenden oder in Sicht kommenden Schiffe und durch 
Gespräch mit einigen von Amerika kommenden Passagieren. Montag früh 
war Helgoland wieder in Sicht, ein paar Stunden später die deutsche Küste 
und Nachmittags zeigte das Aufhören des Schaukelns an, daß wir wieder 
auf der Elbe schwammen; gegen 6 Uhr landeten wir beim schönsten Wetter 
im Hafen von Hamburg und ich hatte bald darauf tvieder festen Boden unter 
den Füßen — die schottische Tour war also glücklich überstanden! 
Ich übernachtete in Hamburg und fuhr andern Vormittag über Berlin nach 
Dresden zurück, wo ich Mittwoch früh 1 Uhr ankam und einen Haufen Briefe re. 
auf meinem Schreibtisch vorfand, mit deren Oeffnung und flüchtigem Durch 
sehen ich ein paar Stunden zubrachte, bis ein zweiter Schlaf sich anmeldete, 
nachdem ich von Berlin ab so ziemlich eingeduselt war. 
Und wenige Wochen später blühte mir ganz unverhofft eine englische Tour, 
eine zweite Meeresfahrt durch eine Berufung nach England. Ich erhielt 
nämlich einen Brief von dort (Carlton Kectory Worksop, datirt 25. August) 
folgenden Inhaltes: 
Sehr geehrter Herr! 
Ich erlaube mir, mich in einer sehr wichtigen Angelegenheit an Sie zu wenden in der 
Hoffnung, ja ich möchte sagen festen Ueberzeugung, das; Sie vielleicht einer Kranken helfen 
können, deren Zustand die Aerzte hier für hoffnungslos ei klärt haben. Erlauben Sie. daß 
ich Ihnen den Zustand derselben genau beschreibe. Mrs. Br—, die Frau des Geistlichen 
hier, hat von Natur eine außergewöhnlich kräftige Constitution, sie ist Mutter von 10 Kin 
dern, welche alle kräftig und gesund; bis vor ungefähr V/ 2 Jahren war sie es auch. Sie 
fing dann an zu kränkeln und die Aerzte erklärten, daß sie an den Nieren leide. Sie 
wurde immer kränker, Aerzte um Aerzte wurden zu Rathe gezogen, lnan verordnete ihr 
endlich Carlsbad. wo sie sich auch 3 Monate lang. aber ohne günstigen Erfolg, aufge 
hauen hat Die Symptome verschlimmerten sich immer mehr und seit e i n e mJ a h r e liegt 
sie nun im Bette, hat das Augenlicht verloren, kann fast nichts mehr genießen, liegt 
fast immer theilnahmlos da; früh wird sie aus ihrem Schlafzimmer, unterstützt von 2 Per 
sonen, in ein anderes Zimmer geführt, Abends wieder dahin zurück. Sie leidet auch au 
K o p f s ch m e r z e n ; es ist jammervoll, die einst so kräftige Frau hinsterben zu 
sehen, ohne auch das Geringste für sie thun zu könunen, denn die Aerzte wissen gar 
Nichts mehr, um der Natur zu helfen ; „m an solle sie nur r u h i g l i e g e n lassen, 
es sei Nichts zu thun" ist ihr Ausspruch! Seit einigen Wochen bin im hier als Gast 
im Hanse; ich bin Dresdnerin und ist mir Ihr segensreiches'Wirken recht wohl be 
kannt; auf meine Empfehlung (indirect) hat sich Fräulein D. dort an Sie gewandt und 
zu meiner großen Freude mit so gutem Erfolg! * Hier glaubt man auch Alles gethan zu 
haben, was der Mensch überhaupt thun karrn, aber noch i st d i e N a t u r h e i l k u n d e 
nicht in A n w e n d u n g gebracht worden und da ich ii u x s i e als die allein 
r i ch t i ge erkenne, so habe ich mit Mr. Br— von Ihnen gesprochen und er hat mich ge 
beten, bei Ihnen, geehrter Herr, anzufragen, ob und unter welchen pekuniären Bedingun 
gen Sie wohl h i e h e r kommen würden ? Darf ich hoffen, daß Sie diese Angelegenheit in 
Erwägung ziehen und mir meine Fragen recht bald beantworten werden? Es läßt mir 
gar keine Ruhe mehr; ich kann und mag es nicht glauben, daß man die Kranke richtig 
behandelt; unter der jetzigen Behandlung wird sie nur tagtäglich schwächer; wenn sie 
nicht an der Krankheit stirbt, muß sie schließlich vor Schwäche sterben! Einer recht baldigen 
Antwort mit Ungeduld entgegensehend unterzeichnet sich mit Hochachtung 
Clara C—s. 
P. S. Ich vergaß zu erwähnen, daß seit einiger Zeit der rechte Arm der Patientilt 
g e s ch wollen und s ch m e r z h a f t ist; die rechte Seite ist überhaupt sehr angegriffen. 
Die Aerzte nennen die Krankheit „Bright’s disease“! — 
Meine alsbald abgesandte Antwort geht so ziemlich aus dem 2. Briefe 
hervor, welcher, unterm 3./9. geschrieben, wie folgt lautet: 
Sehr geehrter Herr! 
Mit aufrichtigem Bedauern erhielt ich Ihre a b s ch l ä g l i ch e Antwort: ich hatte ge 
hofft, daß sich doch vielleicht Ihr Hierherkommen arrangiren lassen würde, leider v e r 
* Anmerkung. Ich werde über diesen interessanten Fall später noch berichten. G. W.
	        
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