Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

nischen Krankhcitszustand führen muß, 
wissenschaftlichen Namen giebt; man kann 
überall und nirgends, und solche Patienten klagen 
Anderes!" Im vorliegenden Falle hatte sich der 
schon mehr charakterisirt, indem nächtliche Schweiße, 
keit, allgemeine Nervenschwäche — sich ausspre- 
großcr psychischer Reizbarkeit, Empfindlichkeit, Erschrecken, wie in 
der motorischen Sphäre — leichte Ermüdung, Kraftlosigkeit; sowie ein eigen 
thümlicher Schmerz im Unterleib, ein paar Finger breit links vom Nabel; 
Appetit unregelmäßig, bald lebhaft, bald unbedeutend, die Darmfuiiction 
anlangend, bald Verstopfung, bald Diarrhoe, — bereits längere Zeit andauerten, 
während augenblicklich kein Symptom einer Brusterkrankung zu bemerken war, 
wie ich dem Briefe nach schließen mußte; ihre Periode wurde als regelmäßig, 
mehre Tage dauernd, angegeben und dabei bemerkt, daß während ihres mehr 
monatlichen Aufenthaltes in einem Schweizer Kurort ein dortiger Arzt die 
Ursache ihres Leidens hauptsächlich in der Gebärmutter entdeckt haben wollte, 
und demzufolge mit Einspritzung scharfer Medicamente in dieselbe vorging. 
Dies war so ungefähr das Krankheitsbild, das ich mir aus den Mitthei 
lungen, resp. Fragen und Antworten meiner Gnädigen zusammenstellen konnte 
nd demgemäß machte ich ihr dann nachstehende Kurproposition: 
Morgens vor dem Frühstück mit Bettwärme Abwaschung des ganzen Kör 
pers mit temperirtem Meerwasser in der Badewanne, die ich ins Zimmer 
stellen ließ, da ein Gang in die Badcstube im kühlen Erdgeschoß mir nicht 
angemessen erschien; darauf ankleiden und mindestens eine halbe Stunde lang 
Promenade im Parke, wobei ein Glas frisches Wasser trinken, öfters stehen 
bleiben und ein paar Mal tief einathmen; dann nach der Rückkehr Frühstück, 
über welches noch nähere Bestimmung vorbehalten war; gegen 11 Uhr eine 
halbe Stunde H e i l g y m n a st i k, bestehend in passiven Manipulationen und 
einigen duplicirtcn Bewegungen zur Bethätigung der Bauch- und Brust-, sowie 
der Beinmuskulatur zwecks Erzielung warmer Füße, da Patientin auch noch 
über große Fußkälte klagte; nach kurzer Ruhe eine Promenade im Park, darauf 
einen kleinen Imbiß verzehren, da Hauptmahlzeit im Hause, wie das allgemein üblich, 
erst gegen Abend stattfindet; von 2—4 Uhr eine Spazierfahrt, von 4 —6 Uhr 
eine feuchte Ganzeinpackung mit darauffolgender Abwaschung mit temperirtem 
Meerwasser; nach derselben wieder eine Promenade im Park und nach der 
Rückkehr die zum Abcndbrod gewordene Hauptmahlzeit; Abends vor Schlafen 
gehen ein längeres (10—15 M.) Halbbad mit stark temperirtem Mcerwasser 
(30 o C.) zur Beruhigung des Gehirns, an Stelle des bisherigen Morphiums, 
dann mit feuchter Leibbinde ins Bett liegen; über Nacht einen Fensterflügel 
offen lassen. Ich hatte auch ein paar Laibchen Schrotbrod für mich von 
Dresden mitgenommen, sie unterwegs aber nicht verzehrt, weck ich, wie oben 
gesagt, meinem Magen nicht viel zuführen und doch auch etwas an der Schiffs 
tafel mit verzehren wollte; davon gab ich nun meiner Patientin eins, welches 
ihr so gut mundete, daß sie dem dortigen Bäcker aufgab, ihr ähnliches anzu 
fertigen, was derselbe aus Mangel au richtigem Weizenschrotmehl aber nicht 
zu Stande brachte, wishalb ich dann gebeten wurde, einige Kilo von Dresden 
zu verschreiben, welchen später noch 20 nachfolgten. Was ferner die Manipu 
lation der Einwicklung und des Halbbades anbelangt, welche an diesem Orte 
noch ganz unbekannte Dinge waren, so richtete ich die eigene Dienerin der Dame 
dazu ab; ich machte ihr dieselbe erst an dem jüngsten Mädchen in der Familie 
auf trockenem Wege mehrmals vor, ließ sie selbige dann nachmachen und zuletzt
	        
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