Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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fahrens, als die wenigen Rationalisten, Pessimisten und Nihilisten, die „keine 
große Praxis" haben und nach denen daher auch Niemand zu sragen braucht. 
Es lebe die Routine und der Empirisme eclaire! Post hoc ergo propter hoc! 
In diesem Zeichen müssen wir siegen trotz Bock und Gartenlaube. Ja, wir sitzen 
wieder behaglich im warmen Neste, behaglicher als der Papst in Nom, und Nit- 
tinger ist noch lange kein Garibaldi. — Wissen Sie, was uns zusammenhält? 
Die Wissenschaft? Nun, nebenbei, hauptsächlich aber unsere eigene Weltklugheit 
und der Aberglaube, die Gedankenlosigkeit und die Vorurtheile der Massen, und 
diese bleiben stabiler als alle Prinzipien! Oder glauben Sie etwa, wir sollten 
an jenem Aberglauben rütteln? Nein, da haben wir unsern Faust besser studirt 
und wissen. ^ frügen, die was davon erkannt, 
Die thöricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten, 
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten, 
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt! 
Nein! Die Vorurtheile tasten wir nicht an, sie sind unsterblich, aber un 
sterblich wird auch unser Reich sein, und die Pforten der Hölle sollen es nicht 
überwältigen, denn unser Arsenal stammt ja direct aus dem Garten der Hekate. 
Unsere Apostel sind zahlreicher, als sämmtliche Verschwörer und Spione aller 
Parteien; jeder Charlatan, der auf den Aberglauben der Menge spekulirt, jeder 
Tollkopf, der die Gesetze der Natur mit Füßen tritt, jede Kokette, die dem Ver 
derben zutanzt, jeder Stubenhocker, Osensitzer, Hämorrhoidarier, Säufer und Spieler, 
Alle, Alle arbeiten darauf hin unsere Domänen täglich zu vergrößern, und alle 
Diejenigen, die von Jugend auf nichts Anderes gehört haben, als daß in Allem, 
was das leibliche Wohl betrifft, Wir sür sie zu denken haben, werden uns auch 
ihre Kinder bringen, damit wir ihnen unser Siegel auf die Schulter drücken, so 
lange wir nicht selbstmörderisch an unsern heiligen Traditionen rütteln. — Pah! 
so lang die Fahne der Routine und Empirie hoch weht, wankt auch die Impfung 
nicht! denn: hier ist ein Wunder, glaubet nur! 
(Fortsetzung folgt.) 
Die Cholera oder Brechruhr. 
(Fortsetzung.) 
Von drei celebrirten Medizinern, den Professoren und Doc- 
toren Griesinger, Petteukofer und Wunderlich wurde 1866 ein 
Cholera-Regulativ herausgegeben, welchem ich den Passus: „Maß 
regeln gegen Verbreitung der Cholera" entnehme. Er lautet: 
„Es ist Thatsache, daß die E h o l e r a , d. h. ihre spez fische Ursache, ihr 
Keim, durch den persönlichen Verkehr der Menschen verbreitet wird. Nach den 
bisherigen Beobachtungen darf man annehmen, daß dieser Keim vorzugsweise, 
wahrscheinlich allein m den Darmausleerungen solcher Personen ent 
halten ist, welche aus von Cholera infizirten Orten kommen und an Diarrhoe 
oder Cholera leiden. Ob auch nicht a n C h o l e r a oder Diarrhoe lei 
dende, sich völlig wohl fühlende und auch später nicht erkrankende Personen, 
welche aus infizirten Orten kommen, den Keim verbreiten können, läßt sich vor 
läufig mit Bestimmtheit weder bejahen noch verneinen! 
Frische Ausleerungen von Cholerakranken und von solchen Per 
sonen, welche aus infizirten Orten komnien, scheinen noch nicht Cholera er 
zeugend zu wirken, im Gegensatz zum Verhallen anderer ansteckender Krankheiten 
(z. B. der Pocken), bei welchen der Kranke einen zur Mittheilung an Andere
	        
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