Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Apathie, Erlahmung in den Gefühlsnerven, daß sie ihren 
wahren Zustand nicht fühlen. Gleichzeitig haben sie auch 
meistens einen krankhaften Hang, eine wahre Sucht nach 
Ruhe und Ungestörtsein. Wollte man dieser nachgehen und 
ihnen gewähren, würde man ganz fälschlich handeln als Arzt. 
Gerade hier ist es nothwendig (angezeigt), sie aus ihrer Apathie 
herauszureißen, fleißig, tüchtig aufzurütteln, was gewiß durch 
nichts zweckmäßiger erreicht werden kann, als durch active 
(erregende) Kaltwasserapplicationen, wozu der Form nach kür 
zere nasse Einpackungen, Abreibungen, Halbbäder, Brausen und 
Begießungen und Regenbäder, Vollbäder (resp. Untertauchun 
gen) entsprechen. Indessen weit aus in den meisten Typhus 
fällen genügen Halbbäder und nasse Einpackungen, als Ganz- 
applicationssormen, Leibumschläge, Kopfumschläge und Kly 
stiere als Partial-Applicationsformen. Der Typhus unter 
scheidet sich bekanntlich nach zwei Hauptformen, nämlich 
nach der erethischen (entzündlichen) Form und 
nach der torpiden (trägen) Form. 
Erstere kennzeichnet sich wesentlich durch große und an- 
dauerde äußere Hitze, Rothsein, besonders im Gesicht, große 
Sensibilität bezüglich Gehörs, Gesichts, Gefühls und Geruchs 
allgemeine Aufgeregtheit und Mangel an Schlaf. — Letztere 
durch Trägheit, Gefühllosigkeit in jeder Beziehung, verbunden 
mit mehr oder weniger Schlummersucht, wenig äußere Fieber 
hitze. Beide Formen können ganz schmerzfrei oder auch mit 
den verschiedenartigsten Schmerzen begleitet sein, was Neben 
sache ist. Das Wesen ist, den Fiebergrad (Charakter) zu er 
kennen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, ob man beruhigend 
oder erregend behandeln soll. In beiden Fällen nehme ich 
einen etwas thätigeren, eingreifenderen Antheil oder Stand 
punkt ein als Herr vr. Gleich, so daß ich längere Delirien 
(über einige Minuten dauernde) nicht aufkommen lasse; dieses 
ist mir immer eine Anzeige, daß gebadet werden muß, oder 
daß die einzelnen Applicationsformen intensiver länger dauernd 
sein müssen. 
Im torpiden Typhus ordinire ich gewöhnlich, daß min 
destens nach jeder achten, höchstens nach jeder vierten Stunde 
(ob Tag oder Nacht findet hier keine Rücksicht) eine Ganzap - 
Plication vollzogen wird, die in den meisten Fällen ein Halb 
bad ist, wobei 2 bis 3 Personen tüchtig frottiren. Ob dann 
die Wiederholung jede 5te, 6te, 7te Stunde stattfinden soll, 
das wird bei der täglichen Untersuchung (Besuch beim Patien 
ten) festgestellt, und hängt von der Hinfälligkeit des Patienten 
ab. 'Je auffälliger dieser Zustand ist, desto früher lasse ich 
die Ganzapplication wiederholen, und scheinen mir die Halb 
badformen im Zenith der Krankheit zu wenig aufregend, so 
werden Begießungen, Regenbäder, Brausen beigefügt oder sub- 
stituirt. Ebenso wird mit dem Zunehmen der Hinfälligkeit 
oder Ergriffenheit des Kranken die Temperatur des Wassers 
immer kälter genommen, was bis zu 6 und 7 Grad R. ge 
schehen kann. So hatte ich unter Anderen eine Patientin, 
bei der die Eisschollen im Halbbad um sie herumschwammen, 
so daß es die Frottirer fast nicht aushalten konnten, während 
sie selbst wenig davon spürte und die Haut eine fast unmerk 
bare Röthe davon bekam, was kein gutes Zeichen war, da es 
auf eine sehr schwache Reaction deutete; dennoch kam sie ganz 
gut davon. Ist der Zenith bes Krankheit vorüber, so wird 
mit allem allmälig aufwärts, d. h milder und seltener ver 
fahren, so daß man selbst wieder auf Halbbäder von 18 bis 
20 Grad zurückkommen kann, welche auf die erregten Nerven 
und Gefäße wieder sehr beruhigend und wohlthätig wirken. 
Erlaubt es die Jahreszeit, so werden in der Reconvalescenz 
Sonnenbäder vor jenen abgeschreckten Halbbädern verordnet, 
welche herrlich fördernd und stärkend wirken. 
Ob zwischen den erregenden Halbbädern ^Einpackungen 
Platz greifen, hängt ganz von der Wärmeentwicklung des Pa 
tienten ab, doch ist im torpiden Typhus meistens 1 ganze 
oder 1 bis 2 Rumpfeinpackungen, zwischen je 2 Ganzbenäs- 
sungen des Körpers, genügend, manchmal sind gar nur Bauch 
umschläge (d. h. um und um) wegen geringer Hitzeentwickelung 
hinreichend. 
Bei solchem eingreifenderen, fleißigeren Verfahren bleiben 
die Patienten beständig beim Bewußtsein; schwarze Lippen, 
Zähne, Nasenlöcher, schwarze Zunge, dann das sogenannte 
Deckenzupfen kommen nie vor; braune, trockene Zunge nur auf 
Stunden rc.; die Kranken behalten wie im Allgemeinen die 
Kräfte, so im Speciellen die Verdauungskraft mehr bei; sie be 
gehren fast täglich regelmäßig etwas zu essen, und wenn der 
Höhepunkt der Krankheit vorüber ist, sogleich bedeutend zü 
essen, was sie dann auch vertragen — ein wichtiger Um 
stand, die Reconvalescenz sehr abzukürzen. 
Im erethischen Typhus wende ich in der Regel mehr 
nasse Einhüllungen, nämlich je 2 bis 3 zwischen 2 Ganzbe- 
näffungen an, gebe die Halbbäder ziemlich wärmer, 14 bis 
18 Grad, sowie auch länger dauernd. Die Sitzbäder fand 
ich selten erwünscht wirkend. Fast alle Patienten zogen stets 
die Halbbäder vor. 
Wenn es nur irgend möglich ist, lasse ich die Patienten 
nach jedem Bade einige Male im Zimmer auf und abgehen, 
ehe sie in's Bett zurückkehren. Vom Typhus zu behaupten, daß 
man ihn immer in 8 Tagen in hydropathischer Behandlung 
überwinde, ist ein Unsinn ; es giebt viele Fälle, die bei der 
umsichtigsten, emsigsten Behandlung 3, 4 und noch mehr Wo 
chen bedürfen, da heißt's halt nur den Muth nicht verlieren, 
ausharren und aushalten, der gewünschte Sieg wird 
in den seltensten Fällen ausbleiben! Der Typhus selbst ist 
ja, nichts anderes, als Fieberreaction gegen eine schon seit mehr 
oder weniger langer Zeit dauernde Anstauung von Schlacken 
im Blute oder in einem Organe, welche die gute Mutter Na 
tur auszustoßen bestrebt ist, um das Blut oder die Maschi 
nerie wieder in's Gleichgewicht zu bringen. Dies kostet je 
nach der zu überwältigenden Masse einen mehr oder 
weniger langen Kampf. Man unterstütze daher die gute Mut 
ter Natur in wahrhaft stärkender Weise durch Kühlung, La 
bung mit Wasser und Luft, je nach Bedürfniß in beruhigen 
der oder erregender Form, und sie wird den Organismus 
verjüngt aus dem Reinigungsprocesse erstehen lassen! 
Die Bock'sche Kur 
mit Warmwasser, Flauelljäckchen, wollenen Strümpfen und 
dergleichen Leibbinden rc. 
Mitgetheilt von BaptistaVanoni, Naturarzt in München. 
Bekanntlich hat die Schroth'sche Heilmethode sehr viele 
Kranke geheilt, bei denen man durch das Prießnitz'scheWasser 
heilverfahren keinen Heilerfolg zu erzielen vermochte und zwar 
aus dem einfachen physiologischen Grunde, weil Schroth 
das Princip der Wärmeerzeugung verfolgte, während Prieß-
	        
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