Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

Dresden, 
den 22. Jamiar. 
er Raturarzt 
M. 2/ 
1863. 
Korrespondenzblatt für Irennde naturgemäßer Keilmethoden. 
Herausgegeben von Dr. W. Meinert. 
Der „Naturarzt" erscheint wöchent 
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'4 
Der Segen der Naturheilkunde. 
(Eine Skizze aus dem Leben — zugleich zur Erläuterung der 
Titel-Vignette.) 
(Fortsetzung.) 
Seit diesem Tage bemächtigte sich Neuborn's eine tiefe 
Traurigkeit, über die er sich und Emilien keine eigentliche 
Rechenschaft geben konnte oder wollte, und als am 5ten Ja 
nuar Ludwig (der zweit-älteste Sohn) über heftiges Kopfweh 
klagte, bald darauf sich Heiserkeit, Wechsel zwischen Frost 
und Hitze und schon nach wenig Stunden 'Irrereden und 
alle Zeichen einer heftigen Scharlachsieber-Erkrankung einstell 
ten, da rang Neuborn jammernd die Hände, stürzte nach dem 
Stalle, sattelte selbst sein Reitpferd und sprengte wie rasend 
der Stadt zu, um den Doctor zu holen. 
Emilie hatte, so lange ihr Gatte nach Ausbruch der 
Symptome anwesend, nicht gewagt, das ihrer Ueberzeugung 
Gemäße und den aus den Büchern der Naturheilkunde erhal 
tenen Lehren Entsprechende zu empfehlen, geschweige anzuwen 
den; vielmehr hatte sie, bekümmert, wie sie war, um den 
Gatten und selbst vom Schreck über die Heftigkeit des so 
plötzlichen Erkrankens fast wie gelähmt, den Rathschlägen der 
Schwiegermutter nach, für die Bereitung von Thee und eines 
heißen Fußbades gesorgt. Als aber die Hufschläge des davon 
sprengenden Pferdes ihr die Kunde von dem Davoneilen 
Neuborn's in die Küche brachten, wo sie mit dem Bereiten des 
Thee's rc. beschäftigt war, kehrte ihre volle Besinnung zurück und 
sie ward sich bewußt, was, nach den vorliegenden Umständen 
und den Grundsätzen der gelesenen Bücher gemäß, vorgenom 
men werden müsse. Sie ließ die bestellte Wanne allerdings 
in's Zimmer tragen, aber nicht mit heißem, sondern mit kal 
ten Wasser füllen und nur so viel warmes dazu gießen, daß 
ein Gemisch von 16 Grad des herbeigeholten Reaumür'schen 
Thermometers entstand. Staunend sah ihr die Großmutter 
zu; als aber jetzt Ludwig entkleidet wurde und in das Bad 
gebracht werden sollte, da erhob die gute Alte drohend ihren 
Stock und rief, sie werde es nicht zulassen, daß ihr Enkel 
auf solch' ruchlose, dem Unverstand der Neuzeit entsprechende 
Weise dem sicheren Tode entgegengeführt werde. Für Emilie 
entstand ein Moment schweren Zweifels! Auf der einen 
Seite sah sie in jedem weiteren Augenblicke die Lebensgefahr 
für das Kind, wie für sich die Verkürzung des selbstständigen, 
ihren erlangten Ueberzeugungen entsprechenden Handelns, auf der 
anderen stand die gewissermaßen ihren Gatten selbst vertre 
tende Schwiegermutter mit Entschiedenheit und im völligen 
Widersprüche ihr entgegen! Doch auch nur eine Secunde war 
sie unentschlossen; dann trat sie gebieterisch auf die zögernden, 
das schon ziemlich entkleidete Kind haltenden Mägde los mit 
den Worten: „Wer ist hier Mutter und wer gebietet in die 
sem Augenblicke hier, wo Neuborn nicht im Gute? — Ich!" 
Und die Mägde, welche die sonst so sanfte Frau noch niemals 
so gesehen, und die Schwiegermutter gleichfalls unterwarfen 
sich stillschweigend, jene, indem sie dem Befehl gemäß das 
Kind erst über das Bad hielten, wo es Emilie flüchtig mit 
ihren Händen aus dem Badewasser zu überwaschen begann, 
diese, indem sie still grollend in ihren Armstuhl sich zurück 
warf, auf den Rädern desselben „Kehrt" gegen die Wanne
	        
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