Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

Druck von L rep sch & Re: cdardr in Dresden. 
Veraniw. Redacteur und Verleger: Dr. Meiner:. 
e|, besonders bei den Deutschen, mit sich, daß man allen factischen Er- 
schemungen auf den Grund zu gehen d. h. die in der Natur der Dinge 
trefer liegenden feststehenden Gesetze kennen lernen, also von der Praxis 
auch auf die Theorie übergeführt sein will. Es ist heutigen Tages — 
littb W:r buffen uns hierzu wohl Glück wünschen — nicht mehr hin 
reichend , daß man etwas thut, daß man den Leuten etwas vormacht, 
sondern man muß auch die berechtigenden (hier naturgemäßen) Gründe 
dafür angeben können. Der denkende Mensch kann dieß verlangen 
und Gott sei Dank! verlangt es auch im Allgemeinen mehr und mehr, 
zeigt mithin, daß man denkt und nicht mehr Maschine sein will. — 
Auch der hydro-diätetische Verein in Dresden hat diese Wahrnehmung 
gemacht; er hat, seit er, neben der bloßen Interesse-Erregung beim 
Publicum, durch Vorführung von Beispielen der oft fast wunderthätigen 
Kraft des Wassers, der Luft, der Wärme und Kälte, der Ruhe und 
Bewegung, wie der Diät, — also der sogenannten Naturheilmittel —, 
datauf auszugehen begonnen hat, auch die Gründe dieser Wirksamkeit 
darzulegen, also Theorie neben Praxis zu betreiben, seine regelmäßigen 
Monatsversammlungen von da an stärker und stärker von Gästen be 
sucht gesehen, und wenn er durch Fortsetzung dieser zeitgemäßen Ver 
bindung von Lehrvorträgen und Mittheilungen interessanter Krankheits 
heilungen (auf rein naturgemäßem Wege) die Theilnahme des Publi 
kums wie bisher zu fesseln weiß, so läßt sich seiner Ausdehnung und 
seiner gedeihlichen Wirksamkeit für Dresden wie für die Menschheit 
überhaupt das beste Prognosticon stellen. 
Wir machen es uns also zur angenehmen Pflicht, der neubegonne- 
nen rüstigen Thätigkeit des Vereins Schritt für Schritt zu folgen, wer 
den dabei aber auch nicht unterlassen, sein Beispiel nachahmend, Praxis 
dabei mit einzuflechten d. h. aus den frühern interessanten und 
gediegnen Protocollen über die Versammlungen seit 1835 auszugsweise 
Referate der dortigen Vorführungen zu bringen. Wir hoffen auf diese 
Weise für auswärtige Freunde des Naturheilverfahrens, an Orten wo 
sich Vereinigungen von solchen zur Zeit noch nicht finden, eine nützliche 
Anregung zu geben. Denn was bier-frommt und vorwärts führt, kann 
es auch anderwärts. 
. Den Anfang unserer Mittheilungen machen wir aber mit einigen 
Aufsätzen, welche der Verein zur Anregung des Publikums und um 
überhaupt auf feine neubegonnene Thätigkeit besser aufmerksam zu 
machen, schon während des vorigen Sommers in den hiesigen „Nachrich 
ten" veröffentlichte. Der erste dieser Aufsätze, in Nr. 148 der vorjähr. 
„Dresdner Nachrichten" enthalten, ist betitelt: 
Der hydro-diülelische Herein in Dresden (sonst Verein der Wasser- 
freunde) an seine Mitbürger! 
und lautet wie folgt: 
I, 
In einer — Ende Mai mit dem „Dresdn. Anzeiger" ausgege 
benen Beilage, welche die von Dr. Kypke beschriebene Schroth'sche 
„diätetische Heilmethode" empfiehlt, ist auch der „Wasserkuren" gedacht 
worden. Es ist dies zwar nur ganz im Vorbeigehen, aber doch immer 
in einer Weise geschehen, wodurch dieselben herabgewürdigt, ja, für ge 
wisse Fälle, z. B. bei Unterleibskrankheiten, als „höchst nachteilig" be 
zeichnet worden. Nun sind wir zwar keineswegs der Meinung, als 
könnten bei Handhabung besagter Methode keine Fehlgriffe vorkommen; 
aber wir können doch auch nicht zugeben, daß dieselbe ohne weitere Be 
gründung^ verunglimpft werde. Insbesondere darf es ihren Freunden 
und Anhängern nicht einerlei sein, wenn sie einzelne mißlungene Ver 
suche oder eine verkehrte Anwendung mit dem Wesen und den Grund 
sätzen derselben verwechselt sehen. Der obenbezeichnete Angriff, möge 
er auch nur unbedeutend erscheinen, kann uns aber um so weniger 
gleichgiltig sein, je mehr bei uns im Laufe der Zeit die Hoffnung 
Platz ergriffen hat, es würden sich die d i ä t e t i s ch e, S ch r o t h's ch e- und die 
W a s s e r-H e i l m e t h o d e bei ihrer beiderseitigen Fortentwickelung völlig 
mit einander verschmelzen Wir betonen bezüglich der von uns in Aussicht 
gehabten Vereinigung das Wort völlig, denn in den Grundansichten 
vermögen wir schon jetzt eine wesentliche Verschiedenheit zwischen 
ihnen nicht aufzufinden. Beide Systeme beruhen ja auf einer ver 
ständigen Naturanschauung und bekennen, daß jedwede Heilung 
durch das wunderbare Ineinandergreifen und Zusammenwirken des 
ganzen Organismus, d. h. durch die jedem Körper beiwohnende Natur- 
Heilkraft selbst zu Stande gebracht wird. Von dieser Grundansicht aus 
gehend, haben ferner beide Methoden die Ueberzeugung mit einander 
gemein, daß der Arzt bei einem Krankheitsfälle nichts weiter zu thun 
hat und zu thun sich berechtigt fühlen soll, als 1) den Sitz und die 
Ursachen der Krankheit zu erforschen, 2) die der Natur bei ihrem Stre 
ben nach Heilung entgegenstehenden Hindernisse thunlichst zu beseitigen, 
und 3) durch zweckmäßige Anwendung passender und in ihren weiteren 
Folgen unschädlicher Mittel unterstützend (gewissermaßen nur mechanisch) 
einzugreifen. Beide Methoden wollen also nicht durch Medicin heilen 
und gründen sich auf die genaue Würdigung der natürlichen Reaction 
des lebendigen Organismus. — Zieht man weiter in Betrachts daß 
bei dem hydriatrischen Verfahren ebenso wie bei dem diätetischen 
gleiche Mittel, nämlich Wasser und Diät, zur Erreichung der ge 
setzten Ziele angewendet werden, so zeigt sich nach unserer Meinung 
eine Verschiedenheit zwischen den fraglichen Kurmethoden eigentlich nur 
in der weiteren Ausführung der unter 2 und 3 genannten Punkte, 
also nur in der Art und Weise des Gebrauchs und der Anwendung 
ein und derselben Mittel. Man wird oder kann uns zwar entgegen 
halten, daß eben von hier ab, wenn man besonders noch an den mit 
der Schroth'schen Kur verbundenen Weingenuß und an die Trocken- 
Diät denkt, die beiden Heilmethoden gar sehr auseinandergehen. t Wir 
geben dies auch zu. Aber — wenn die Vertreter des einen, sowie die 
des andern Systems zugestehen (— wie in der That _ von den Be 
sonnenen: auch geschieht), daß ihr Heilverfahren der größeren Vervoll 
kommnung fähig ist, und wenn sie sich zugleich bewußt bleiben, daß 
die Kunst, dem kranken Organismus zu seiner Genesung behilflich 
zu sein, nicht erfunden, sondern lediglich der Natur und der Er 
fahrung abgelauscht werden kann: so sollten wir glauben, daß unter 
vernünftigen Menschen, deren betreffende Principien von Haus aus auf 
erprobten Naturanschauungen beruhen, doch eine Einigung möglich wäre. 
Indeß wir brechen von diese:; Betrachtungen, wodurch wir hoffent 
lich den Anhängern der diätetischen Heilkur nicht zu nahe getreten 
sein werden, jetzt ab und wenden uns speciell der Wasserkur zu, von 
welcher wir glauben, daß sie noch von gar Vielen unerkannt fft und 
häufig verkannt wird. Das Nöthigste über ihre Grundsätze und ihr 
Wesen haben wir zwar im Obigen schon gesagt, aber zu ihrem besseren 
Verständniß wollen wir doch noch Einiges hinzufügen Zu diesem 
Zwecke fragen wir vor allen Dingen, worin die Wasserkur denn eigent 
lich besteht? und geben hierauf mit den Worten des französischen 
Arztes Savon folgende Antwort; „Sie besteht in einer strengen Diät, 
dem häufigen Gebrauche des frischen Wassers als Getränk, der Er 
regung eines reichlichen Schweißes durch eigenthümliches Verfahren, 
in ganzen und örtlichen (kalten) Bädern, kalten Abwaschungen und 
Einspritzungen in die verschiedenen Höhlungen des Körpers,, in Rei 
bungen, Douchen und nassen Umschlägen." Mit dieser Erklärung ist 
nun freilich nur erst wenig erklärt, vielleicht nicht viel mehr, als wenn 
man z. B sagt, daß zur Schriftstellerei Feder, Tinte und Papier ge 
braucht werden. Aber man ersieht doch wenigstens daraus, daß . sich 
die Wasserheilmethode nur ganz einfacher und an sich unschädlicher 
Mittel bediente solcher Mittel nämlich, die schon jeder Mensch mehr 
oder weniger in Gebrauch nimmt, um sich gesund zu erhalten. 
Wie es jedoch möglich ist, daß durch diese einfachen Mittel, wenn 
sie von einem Sachverständigen (und dieß kann Jeder werden) angewendet 
und dem erkrankten Körper des Individuums angepaßt werden, große und 
herrliche Erfolge zu erzielen sind, und wie die Wafferkur bei jed er Art von i 
Krankheit mit Erfolg anzuwenden ist: das ist allerdings eine Frage, die 
über die uns heute gesteckten Grenzen hinausgeht. Solches zur klaren Ein 
sicht zu bringen, dazu ist erforderlich, daß man nicht allein darstelle, 
was eine Krankheit ist und wie sie sich entwickelt, wie sie tödtet oder 
hasten bleibt; sondern es muß auch gezeigt werden, wie sie in den 
gesunden Zustand übergeht und (was bei jeder Heilmethode eine Haupt 
sache ist) ans welche Weise die Kunst zu diesem Uebergänze beiträgt. 
Dies werden wir uns erlauben, später von Zeit zu Zeit durch 
kurze Mittheilungen in diesem Blatte zu thun. Ohne dabei irgend 
einem Natur-Heilverfahren feindlich gegenübertreten zu wollen, wird 
es lediglich unsere Absicht, sein, zur Erforschung der Wahrheit beizu 
tragen und dem Menschenwohle zu dienen. 
Briefkasten. 
Hr. A H. in Haslach; die 4 Fl. erhalten. 
Hr. B. B. in München — soll mit dem Abonn.-Betr. für Dr. St. 
Ihrem Wunsche gemäß verfahren werden; dagegen können wir auf 
dessen Prospect jetzt für längere Zeit noch keine Rücksicht nehmen. 
Hr. R. St. in Klobouk. Machen Sie gefälligst und ungenirt von der 
jedem Abonnenten zustehenden Befugniß, sich über Körperübel Rath zu 
erholen, den vollsten Gebrauch. 
Hr. Fr. in Preßburg. Die H'sche Nahrungs-Kunst ist in ihrem Er 
folge noch nicht erwiesen, physiologisch auch schwerlich je zu beweisen. 
Hr. R. in Rumburg; wir sehen Ihrer Bestimmung wegen des uns 
zuvielgeschickten 1 Thlr. entgegen. 
NB. Die somütisch-hydriatische Novelle: Leiden und Freuden des 
Naturarztes Helfer, beginnt mit Nr. 3.
	        
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