Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Belanglos ist es, daß diese Parzelle 1836 der Gemeinde zukatastriert war, da der 
Kataster nur zur Steuerveranlagung aufgenommen wurde. Die Stadtgemeinde hat 
daher weder hinsichtlich der Parzelle 31 (vom Friedhofskreuze bis zum protestantischen 
Friedhof) noch hinsichtlich des restlichen Teiles (vom Kreuz bis zur Begräbniskirche) 
den derivativen (abgeleiteten) Eigentumsbeweis erbracht. 
„Die Stadt stützt aber ihr Eigentumsrecht auch auf den Titel der Ersitzung und 
behauptet, den Friedhof seit 40 Jahren im ruhigen Besitz gehabt zu haben. ' Der 
Besitz an einem Friedhof wird aber dadurch ausgeübt, daß man ihn zu den seiner 
Bestimmung dienenden Zwecken verwendet, also zur Vornahme der Beerdigung, be¬ 
ziehungsweise, daß man Bestattungen auf diesem Friedhof zuläßt oder verweigert, und 
da ist es erwiesen, daß die Kirche die Beerdigungen bewilligte und solche den Selbst¬ 
mördern verweigerte." — Die Stadt brachte 1888 gegen dieses Urteil die Appellations¬ 
beschwerde, die Finanzprokuratur die Appellationseinrede ein. Das mähr.-schles. Ober¬ 
landesgericht bestätigte jedoch am 12. Dezember 1888 das Urteil des Bezirksgerichtes 
Odrau, minderte aber die von der Stadt zu zahlenden Kosten auf 588 fl. 90 kr. In der 
Urteilsbegründung wird namentlich darauf hingewiesen, daß die Gemeinde nicht den 
Beweis erbracht habe, daß sie den Grund erworben habe. Die Fiuauzprokuratur 
erstattete die Revisionsbeschwerde wegen Minderung der Kosten, während die Stadt 
die außerordentliche Revisionsbeschwerde erhob. Der oberste Gerichtshof bestätigte aber 
am 27. November 1889 das Urteil des Bezirksgerichtes Odrau und jenes des 
mährisch-schlesischen Oberlandesgerichtes. 
Gleichzeitig lief zwischen Pfarramt und Stadtgemeinde ein anderer Prozeß wegen 
Entziehung des Pfarrer-Dotations-Beitrages. 
Der Pfarrer hatte sich nämlich 1883 beschwert, daß man ihm 30 fl. Gemeinde¬ 
umlage zugeteilt habe. Im Oktober 1885 teilte der Bürgermeister dem Gemeinde¬ 
ausschusse mit, daß die schlesische Landesregierung mit Erlaß vom 20. August 1885 
dem Rekurse des Pfarrers stattgegeben und erkannt habe, daß der aushaftende Um¬ 
lagebetrag nicht im Wege der politischen Exekution eingebracht werden könne, weil 
das Einverständnis des Pfarrers zum Beschlusse vom 22. September 1881 nicht 
vorliege. Der Gemeindeausschuß beschloß nun, diesen Betrag als uneinbringlich abzu¬ 
schreiben und von einer weiteren Berufung abzustehen. Der Bürgermeister machte 
darauf aufmerksam, daß die Stadtgemeinde Odrau, trotzdem mit dem schlesischen 
Landesgesetze vom 15. November 1863 die Herstellung und Erhaltung der katholischen 
Kircheneinrichtungen und -Erfordernisse geregelt wurde, noch immer Auslagen be¬ 
streite, die ihr als solcher nicht mehr obliegen dürften, da dieselben entweder nicht 
mehr zu Recht bestehen oder aber vom Kirchenkonkurrenzausschusse zu regeln wären, 
so z. B. den Gehalt des Pfarrers, hergeleitet aus dem Jahre 1672 per 
33 fl. 60 kr., den Stadtwagnutzen per 6 fl. 30 kr., den Kaplangehalts¬ 
beitrag per 35 fl., der aber durch den der Gemeinde gehörigen Kaplanfond gedeckt 
sei, den Meßnergehalt per 15 fl. 75 kr., das Florianiamt per 8 fl. 30 kr., 
das Maria Heimsuchungsamt per 8 fl. 82 kr., den Organistengehalt 
per 31 fl. 50 kr., den Choradjuvantenbeitrag per 6 fl., den Balkentreter¬ 
gehalt per 12 fl. 60 kr., den Orgelträgern am Fronleichnamsfeste 1 fl. 80 kr. 
und der Stadtkapelle 3 fl., ferner die Besoldung der Kirchenwächter per 
56 fl. Diese Auslagen seien im guten Glauben gezahlt worden, daß die Kirche 
Eigentum der Gemeinde wäre, was jedoch nach dem neuen Grundbuche nicht der 
Fall sei. Der Gemeindeausschuß sistierte daraus diese Zahlungen einstweilen und 
wandte sich behufs Regelung dieser Angelegenheit an den Kirchen-Konkurrenz-Ausschuß, 
um mit diesem und dem Pfarrer das Einvernehmen zu pflegen. Ersterer teilte der 
Stadtgemeinde mit, daß er folgende Leistungen in seinen Voranschlag übernehme: 
Den Organistengehalt per 31 fl. 50 kr., den Choradjuvantenbeitrag per 6 fl., den 
Balkentretergehalt per 12 fl. 60 kr., den Beitrag für die Orgelträger am Fronleichnams¬ 
feste per 1 fl. 80 kr. und jenen für die Musikkapelle per 3 fl., hingegen die Übernahme 
der übrigen Leistungen ablehne.
	        
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