Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Literatur befragten, stellte sich heraus, daß der Kern ihrer Entdeckungen schon von 
Mendel bloßgelegt worden war, die Resultate seiner Forschungen mit vollkommener 
Klarheit und Bestimmtheit ausgesprochen sind, ja daß er in der Auslegung der von 
ihm angestellten Versuche seinen Zeitgenossen weit vorausgeeilt war. Die neuesten Unter¬ 
suchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Blütenpflanzen stehen nun in vollem 
Einklänge mit dem, was man heute das Mendel'sche Gesetz oder die Mendel'sche Regel 
nennt. Mendels plötzlich der Vergessenheit entrissenen Entdeckungen haben rasch die all¬ 
gemeine Anerkennung gefunden, und dem genialen Manne wurde, freilich erst 16 Jahre 
nach seinem Tode, eine große Genugtuung zuteil. Er wurde unter Ostwalds „Klassiker 
der exakten Wissenschaften" ausgenommen. In der Abteilung „Botanik" dieser Klassiker- 
Ausgabe erschienen bisher zehn Schriftsteller. Und hier glänzt Mendel neben unseren 
größten Heroen, 
neben Malpighi, 
Knight, Brücke, 
Theodor de 
Saussure und Pa- 
steur.Mendelwar 
der erste, der Ge¬ 
setzmäßigkeiten bei 
der Kreuzung ver¬ 
schiedener Pflan¬ 
zenarten und 
Pflanzenrassen 
erkannte und sol¬ 
che dann aus einer 
Zergliederung der 
Merkmale der zur 
Kreuzung verwen¬ 
deten Formen und 
den in den Ba¬ 
starden und ihren 
Nachkommen auf¬ 
tretenden Merk¬ 
malen ableitete. 
Nur eine dieser 
Gesetzmäßigkeiten 
sei als Beispiel Schulh-ins in Taschendorf. 
angeführt. Wenn nsld)einem £W>tMn’«von K 
eine weißblühende 
Erbse mit einer 
rotblühenden Erbse gekreuzt wird, so werden Samen erzielt, aus denen nur rotblühende 
Erbsen hervorgehen. Der Charakter der Weißblütigkeit erscheint verschwunden. Aber aus 
den Samen dieser rotblühenden Erbsen gehen Pflanzen hervor, die zum Teil weiß, zunr 
Teil rot blühen. Das Merkmal der Weißblütigkeit war also in der ersten Generation ge¬ 
bunden und trat erst in der zweiten hervor. Die rotblühenden spalten sich aber durch ihre 
Samen in weiß- und rotblühende im Verhältnisse von 1:3, wie denn auch die Samen 
der ersten Generation weiß- und rotblühende Pflanzen in demselben Verhältnis liefern. 
Man erkennt schon hieraus, daß bei der Bastardbildung im Pflanzenreiche Gesetz¬ 
mäßigkeiten herrschen, welche sogar zahlenmäßig zum Ausdrucke gelangen. Verlvickelter 
gestalten sich die Verhältnisse, wenn mehrere Merkmale in den durch Kreuzung ge¬ 
bildeten Formen sich gegenüberstehen. Aber auch diese Verwicklungen hat Mendel mit 
bewundernswertem Scharfsinn entwirrt und mit wahrem Seherblicke aus den Beob¬ 
achtungen Folgerungen gezogen, welche erst durch die Entdeckungen der jüngsten Zeit 
ihre tatsächliche Bestätigung gefunden haben.
	        
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