Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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aus den eingepfarrten Dörfern unterrichtet haben. Sein Sohn Franz Jahn, der 
ebenfalls Strickermeister war und 1771 das Geschäft übernahm, setzte dasselbe bis 
Ende der Siebzigerjahre fort. Nach den Aufzeichnungen der Pfarrwidmut vom Jahre 
1752 hatte zu jener Zeit der Mankendorfer Lehrer — weitere Schulen gab es damals 
auf der Herrschaft nicht —■ zwei Stücket Acker, jedes mit einem Viertel Breslauer 
Maß Aussaat, ein Stück Wiese mit einer zweispännigen Fuhre Heil und bei seinem 
Wohnhaus einen kleinen Küchengarten mit vier Pflaumenbäumen im Ausmaße von 
zwei Breslauer Matz zur Benützung. — Zufolge des am 10. Dezember 1765 zwischen 
der Stadt Odrau und der Neustadt abgeschlossenen Vertrages hatte letztere wie die 
anderen Vorstädte zur Kirchen-, Psarrhof- und Schulenreparation beizutragen. Dabei 
heißt es: „Notandum, der dermalige Schulmeister Bernhard Stanze! hat von dem 
Georg Großmann ein Stück Acker, in der Züb genannt, erkauft, wovon monatlich 
1 kr. Steuer zu entrichten kommt." Von 1771 bis 1774 leitete dann die Schule 
sein Sohn Karl Stanzet, und von 1774 bis 1792 war Paulus Lehmann 
Ludirektor in Odrau.*) 
Der Zustand des Volksschulwesens in jener Zeit gewährte durchaus keinen er¬ 
freulichen Anblick. Von Methode im Unterrichte war gar keine Spur vorhanden, die 
Schuldisziplin lag in der Wiege, Ansehen der Schule, Achtung vor dem Lehrer ge¬ 
hörten zu den unbekannten Größen. Einen Gesamtunterricht gab es nicht, jedes Kind 
wurde einzeln vorgenommen, und wenn es sein Gesetzchen, welches ohne alles Ver¬ 
ständnis seinem Gedächtnisse eingeprägt worden war, aufgesagt hatte, so saß es die 
übrige Zeit teilnahmslos da, oder störte den Unterricht oder schlief, oder ging wohl 
auch ganz weg. Außer Religion lernten die Kinder notdürftig lesen und schreiben, 
wofür sie ein Schulgeld entrichteten. Konnte der Lehrer rechnen, was nicht immer 
der Fall war, und wollten einzelne Kinder auch dieses lernen, so hatten sie dafür 
ein erhöhtes Schulgeld zu zahlen. Kein Lehrplan schrieb dem Lehrer vor, was und 
wie er es vorzunehmen und wie viele Stunden er zu unterrichten habe, das alles 
hing von seinen Kenntnissen, seinem Eifer uud seinen Nebenbeschäftigungen ab. Einen 
Schulzwang kannte man nicht. Wer wollte, schickte seine Kinder zur Schule oder 
ließ sie zuhause unterrichten, wer nicht wollte, unterließ beides. Der Schulmeister 
war im allgemeinen mehr Küster als Kinderlehrer und fiel bei Besetzung einer Lehr¬ 
stelle alles andere eher in die Wagschale, als die zum Unterweisen nötige Geschicklich¬ 
keit. Nicht Liebe zum Berufe, die bei den damaligen Zuständen nicht zu erwarten 
war, nicht Lehrbefähigung, welche zu prüfen kaum jemandem einfiel, sondern einige 
Fertigkeit im Orgelspiel, eine schallende Baßstimme, vor allem aber der Ruf, daß 
er sich auf das Donnerwetter verstehe, es stundenlang vorauswittere und demselben 
durch Glockengeläute zur rechten Zeit zu begegnen wisse, waren die empfehlenden 
Eigenschaften bei der Aufnahme in den Schuldienst. Das Einkommen des Lehrers 
war nicht geregelt, daher mußte er zu allerhand Nebenerwerb greifen. Dem kläglichen 
Stande der Schulen entsprach auch vollkommen der niedrige Stand der allgemeinen 
Bildung. Es drängte daher die Zeit unaufhaltsam zur Regelung des Schulwesens, 
welche durch die am 6. Dezember 1774 von der Kaiserin Maria Theresia genehmigte 
allgemeine Schulordnung erfolgte. Es wurde zu diesem Behufe in jedem 
Kronlande eine eigene Schulkommission bestellt, und entstanden nun auf dem Lande 
zahlreiche Trivial- oder Elementarschulen mit ein oder zwei Lehrern, so genannt, 
weil man in ihnen nebst Religion noch das trivium, nämlich Lesen, Schreiben und 
Rechnen — die Elemente der Volksbildung lehrte. In den größeren Städten traten 
an die Stelle von vielen Lateinschulen die sogenannten Hauptschulen und in den 
Landeshauptstädten wurden die Normalschulen errichtet und mit denselben Lehrer¬ 
bildungsanstalten verbunden, in welchen die Lehrer für die niederen Schulen gebildet, 
mit der neuen Sagan'schen Lehrmethode vertraut gemacht und geprüft wurden. Auch 
*) Indus — Schule für Anfänger. — ludi magister — Schulmeister oder 
Schullehrer. — ludi reetor — Schulleiter.
	        
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