Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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seinem Tode hinterließ er die Witwe und die unerwachsenen Kinder Johann und 
Anna. Die Witwe heiratete zum zweitenmale den Daniel Schimon und nach dessen 
Tode im Jahre 1624 den Johann Kqrasek, der sich verpflichtete, die Waisen nach 
Jonas Gerbirades zu versorgen und den Waisen Johann vor allem für Gelehrsamkeit 
und Handwerk zu erziehen?) Jonas Gerbirades dürfte 1620 gestorben sein, denn 
von 1620 bis 1623 fungierte Georg Lucas als Pastor, der dann als Diakon 
nach Ödrau ging. Als letzter Pastor erscheint hier 1625 Peter Gschulius, 
der vorher Pastor in Zauchtl gewesen war. Sein Sohn Lazarus Gschulius 
heiratete am 22. April 1625 Katharina, die Witwe des Odrauer Bürgers Mathes 
Grienzweig?) 
Voll einer allgemeinen Volksbildung in alter Zeit ist keine Rede. Karl d. Gr. 
ließ sich die Errichtung von Schulen angelegen sein, namentlich in Klöstern unb 
Bischofssitzen, wo die christliche Jugend die Psalmen, die Noten, den Kirchengesang 
und -Kalender und die lateinische Sprachlehre erlernte, und die Synode vom Jahre 
813 schrieb vor, daß die Leilte ihre Kinder in die Klöster unb Pfarren schicken, 
damit sie beit katholischen Glauben und das Gebet des Herrn richtig erlernen und 
zu Hause dann wieder weiter lehren könnten. Die Synode von 1246 befahl, daß 
alle Knaben vom siebenten Jahre an sonntäglich in der Kirche im katholischen Glauben 
unterrichtet werden, damit das noch in vielen Herzen glimmende Heidentum dadurch 
gänzlich erlöscht werde. Die Dom- und Klosterschulen waren im Mittelalter anfangs 
die einzigen, bis dann in der zweiten Hälfte desselben das Emporblühen der Städte 
auch in diesen das Bedürfnis nach Schulen erweckte. Allein auch diese waren Latein¬ 
schulen, welche nicht allgemeine Volksbildung, sondern Vorbereitung für die höheren 
Studien, für eine besondere Standesbildung bezweckten. Später entstanden dann in 
größeren Städten auch sogenannte deutsche Schulen, welche die Heranbildung der 
Bürgerssöhne für das Geschäftsleben und der Bürgerstöchter für den Beruf der 
Hausfrau besorgten, also auch nicht die allgemeine Volksbildung förderten. 
Der geringe Umfang von Kenntnissen, mit welchem sich der Edelmann und 
Bürger im 14. und noch im 15. Jahrhundert zufrieden gab, konnte den gebildeteren 
Ständen des 16. nicht mehr genügen. Eine neue Zeit pochte mit zunehmender Ent¬ 
schiedenheit an die Pforten, ein frischeres Leben pulsierte auf allen Gebieten, Handel 
und Gewerbe nahmen einen mächtigen Aufschwung, wozu die Erfindung der Buch¬ 
druckerkunst und die Entdeckung der überseeischen Länder nicht wenig beigetragen 
hatten, lmd führten eine tief einschneidende Wandlung auf volkswirtschaftlichem Felde 
herbei, in dem sich die Macht des beweglichen Kapitals immer nachhaltiger entfaltete. 
Luthers unablässiges Mahnen, die größte Sorgfalt der Jugenderziehung zuzuwenden, 
fiel auf keinen unfruchtbaren Boden. Er und Melanchton wurden auch die Refor¬ 
matoren auf dem Gebiete der Volksschule, deren Grundlage eine christlich-humanistische 
war. Überall, wo die neue Lehre Bekenner fand, wurden Schulen errichtet oder 
die alten umgestaltet. Jede Stadt, jede größere Ortschaft hatte ihren von der Ge¬ 
meinde besoldeten Lehrer, der sich zu diesem Berufe vorbereitet hatte nnb von denen 
manche später als Pfarrer, Ratsherren unb Stadtschreiber tätig waren. Aber nicht 
bloß die Protestanten, auch die Katholiken taten das Ihre, um die allgemeine Volks¬ 
bildung zu heben. So legte das zur Beseitigung der durch die Reformation ent¬ 
standenen Wirren berufene Konzil von Trient (1545—1563) den Bischöfen ans 
Herz, dafür zu sorgen, daß in allen Pfarren die Kinder wenigsten an Sonn- und 
Feiertagen in den Grundwahrheiten des Glaubens und im Gehorsam gegen Gott 
und ihre Eltern fleißig von jenen, welchen dies obliege, unterwiesen werden. 
Aus jener Zeit haben wir die ersten urkundlichen Nachrichten über die Schule 
in Odrau. Wann sie gegründet wurde, ist nicht bekannt, daß sie aber schon weit 
früher bestand, geht aus dem Folgenden hervor. Nebst der Schule in Odrau be¬ 
standen in jener Zeit nur noch die bei den Pfarren in Mankendorf unb Petersdorf, 
Ü Casopis Matice Moravskd, 1894, p. 28, 29. — 2) Odrauer prot. Matrik.
	        
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