Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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Franzosen ging über Land, da die Oesterreicher die Donau möglichst zu sperren 
suchten. So lag hier in der Ortschaft Obermühl durch den ganzen Mai und einen 
Teil des Juni 1809 ein böhmisches Landwehrbataillon unter Oberst Hartmann. 
Ueber dessen Tätigkeit erzählt dem Tags-Bericht der österreichischen Armee vom 
11 Juni 1809 : „Das böhmische Landwehr Bataillon des Obersten Graf Hartmann 
hat bey dem Dorfe Obermühl in Oberösterreich Beweise von Muth und Geschick¬ 
lichkeit abgelegt, denn es bemächtigte sich zweyer mit Reis und Brandwein be¬ 
ladener für den Feind bestimmten großen Schiffe, und des größten Theils ihrer 
Ladung; was hiervon wegen Unzulänglichkeit der Fuhren nicht weggebracht werden 
konnte, ward verdorben und die Schiffe beschädigt. Der Feind, der in 3 Schiffen 
zu Hülfe eilte, wurde durch das gut angebrachte Feuer zu landen verhindert, 
mußte mit bedeutendem Verlust an Todten und Blessirten sich eilig entfernen. 
Ferner ließ erwähnter Oberste am 1. Juny ein mit feindlicher Mannschaft be¬ 
ladenes die Donau herabkommendes Schiff angreiffen, und war so glücklich, durch das 
anhaltende und wohl gerichtete Feuern seiner Mannschaft bey 50 Feinde zu tödten, 
ohne einen Mann dabei verloren zu haben. Der Oberste läßt dabey dem Hauptmann 
Steinbock Fähnrich Richter und dem Feldwebel Meutberger die gebührende Gerech- 
tigkeit wiederfahren." Welche Vorkehrungen die hiesigen die hiesigen und Standes- 
personen für den Franzosendurchzug getroffen haben, hierüber hat sich keine Kunde 
mehr erhalten; daß jedoch, wie erzählt wird, mit den Kirchenglocken geläutet wurde, 
als die Franzosen beim Dorfe Krenling sichtbar wurden, ist offenbar als ein verab¬ 
redetes Signal aufzufassen, gewisse Gegenstände schleunigst verschwinden zu lassen. 
In der ganzen Straßenbreite marschierten nun die Franzosen ein, hohe Gestalten 
mit unförmlichen Kopfbedeckungen, blauen Röcken, schweren Waffen und breitem 
Riemenzeug. Der Feind hielt bei uns gute Ordnung und strenge Mannszucht, es 
wird kein einziger Fall von Gewalttätigkeit erzählt. Selbstverständlich waren die 
armen Soldaten voll Hunger und Durst, und wer ihnen fleißig zu essen und zu 
trinken gab, fuhr mit ihnen am besten. Ein Franzose erwählte sich den Kreuzknopf 
unseres Kirchenturmes zum Schußziele und traf vortrefflich, indem er die untere 
und die obere Wand der Kreuzkugel durchschoß. Während 98 Jahren drang nun 
durch die obere Schußöffnung das Regenwasser ein, so daß der Helmbaum, als er 
beim Turmbau 1907 entfernt wurde, fast ganz schon verfault war. Die Kreuzkugel 
kam jedoch wieder auf den neuen Turm, nachdem selbstverständlich ihre Franzosen- 
wunden durch Verhämmerung geheilt worden waren. Bei diesem Durchzuge der 
Franzosen wurde auch hier in der Johanneskapelle der dortigen steinernen Statue 
der Kopf abgeschlagen; jedoch geschah dies, wie erzählt wird, nicht durch einen 
feindlichen Soldaten, sondern durch einen hiesigen Taugenichts, der sich hier den 
Franzosen anschloß, aber kurz darauf bei Neufelden ums Leben gekommen sein soll. 
Der Kopf der Johannesstatue wurde wieder ausgekittet und die Statue selbst erst 
voriges Jahr durch eine neue ersetzt. 
 Hat sich nun hier ein Mann den Franzosen zugesellt, so ist umgekehrt auch 
einer von denselben zurückgeblieben. Als nämlich der Feind wieder abgezogen war, 
kroch auf einmal aus einem Backofen ein Franzose heraus, der erklärte, da bleiben zu 
wollen, wenn er einen Dienstort bekäme. Er hieß Franz Kram und gehörte offenbar 
einem der Staaten des Rheinbundes an, die Napoleon Heeresfolge leisten mußten. 
Er sprach ein hier schwer verständliches Deutsch, seine Witze aber, von denen 
manche bei den Lagerfeuern entstanden sein mögen, wurden gerne gehört. Besonders 
gefiel er sich in entsetzlichen Großsprechereien. So erzählte er z. B., in seiner 
Heimat seien die Aecker volle drei Tage lang, so daß ein am Montag angesetzter
	        
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