Volltext: Conrad von Hötzendorf

WAS FÜR PRZEMYSL AUFGEWENDET WURDE 
ab, bis es gelang, die Festung zu entsetzen. Bis zum 5. Novem¬ 
ber 1914 war Przemysl ein wichtiger Stützpunkt in der Kampf¬ 
front. Die allgemeine Lage zwang aber wieder zum Loslösen 
vom Feinde, und Przemysl war nun vom 8. November an end¬ 
gültig eingeschlossen. 
Wiederholt wurde die Frage besprochen, ob der Zeitpunkt des 
allgemeinen Rückzuges nicht auch der richtige Augenblick für 
die Räumung der Festung gewesen wäre. Es waren vor allem 
Prestigegründe, welche die sachlichen zurückdrängten. Außerdem 
bestand eine schwache Hoffnung, daß ein Entsatz wieder gelingen 
könnte, obzwar die Abgabe von beträchtlichen VerpflegsVorräten 
an die Feldarmee die Widerstandskraft der Besatzung wesentlich 
verringert hatte. Schließlich konnte man mit Rücksicht auf das 
bisherige Verhalten der Russen erwarten, daß die Festung auch 
weiterhin namhafte feindliche Kräfte binden würde. 
Dies traf auch zu. Die Anziehungskraft von Przemysl ver¬ 
lor ihre Wirkung nicht. Auch für die Russen war der Besitz der 
Festung zur Prestigefrage geworden. So verbluteten vor den 
heldenmütigen Verteidigern die besten Kerntruppen Rußlands. 
Erst als durch die gewaltigen Verluste die Aussichtslosigkeit 
einer Erstürmung erkannt wurde, begnügten sich die Russen mit 
der Zernierung und brachten Przemysl durch Hunger zu Fall. 
Die Frage bleibt offen, ob die in der Festung verbliebenen 
mobilen Kräfte anderwärts eine bessere Verwertung gefunden 
hätten. Conrad als Meister in der Vervielfältigung der Kräfte 
durch rasche Manöver hätte für die 65 Bataillone — unter denen 
sich allerdings viel Landsturm befand — in den oft wechselvollen 
Lagen gewiß eine operative Verwendung gefunden. Vom psycho¬ 
logischen Standpunkt bleibt es aber interessant, daß auch seine 
Kriegführung vom 8. November an sich nicht von der An¬ 
ziehungskraft der „Festung“ befreien konnte. Die Dezember- 
offensive der 3. Armee verfolgte als Nebenzweck die „Befreiung 
von Przemysl“, und die opfervollen Kämpfe vom Jänner bis 
März 1915 standen im Zeichen des Entsatzes der schwer be¬ 
drängten Festung. 
Wie die Dinge lagen, haben sich die eingeschlossenen Batail¬ 
lone in der Verteidigung außerordentlich verwertet, weü die 
Russen hartnäckig auf der Einnahme der Festung bestanden. 
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