Volltext: Das Feuerwerkbuch von 1420

EIN BEMERKENSWERTES BUCHGESCHICK 
Es ist auffallend, daß das Feuerwerkbuch erst nach mehr als 100 Jahren gedruckt ist, nach 
mehr als 80 Jahren seit Erfindung der Buchdruckerei, die vor ihm manches Minderwer¬ 
tige unter die Presse genommen hatte. Die einzige Erklärung liegt darin, daß jeder Büch- 
senmeister, jeder Fürst und etwa auch jede Stadt, überhaupt jedermann, der sich im 
glücklichen Besitz dieser wertvollen Geheimnisse befand, diese nicht der Öffentlichkeit 
zugänglich machen wollte, auch wenn vieles bereits durch die Weiterentwicklung der 
Waffen überholt war. Für die trotzdem große Verbreitung unter den Büchsenmeistern 
und in sachkundigen Kreisen legen die zahlreichen, heute noch erhaltenen Handschriften 
beredtes Zeugnis ab. Dabei ist die im vorhergehenden Abschnitt gegebene Übersicht über 
diese bei weitem nicht vollständig, läßt aber auch so schon schließen, daß damals noch 
sehr viel mehr dieser Lehrbücher unter der Hand weitergegeben waren. Von kaum einer 
anderen weltlichen und vor allem technischen Handschrift ist eine derartige Verbreitung 
feststellbar. 
Teile daraus gingen in unzählige andere naheliegende Handschriften über. So sind bei¬ 
spielsweise in einer solchen aus dem Jahr 1450 über Fortifikation und Taktik ganze Ab¬ 
schnitte, allerdings mit eigenen Zusätzen, daraus entnommen, was schon aus der Über¬ 
schrift des einen Abschnittes ohne weiteres erkennbar ist: „Womit und wie sich ein Mann, 
eh’ er belagert wird und auch in einer Belagerung vorsehen soll, daß er sich seiner Feinde 
desto länger erwehren mög.44 Die Bearbeiter dieser Handschrift haben sich dann den 
Kopf darüber zerbrochen, wie die Hinweise auf die Rezepte und sonstigen Angaben „in 
dem Buch44 zu deuten seien, da in dieser Handschrift nichts darüber gefunden werden 
könne1. Daß solche Stellen mit den in diesem Zusammenhang sinnlosen Hinweisen ohne 
Quellenangabe, wie das so üblich war, eben aus dem Feuerwerkbuch auch von anderen als 
Büchsenmeistern abgeschrieben waren, liegt für Kenner des Buches auf der Hand. Aber 
solche Kenner gab es und gibt es bis heute noch unter den Geschichtsschreibern leider zu 
wenig. Genug, auch dieses Beispiel beweist, in wie hohem Ansehen „das Buch44 bei allen 
deutschen Schriftstellern stand, die es kannten, und wie weite heimliche Verbreitung es 
bereits 1450 gefunden hatte. 
Als es dann 1529 zum erstenmal in Augsburg durch Heinrich Stainer als Anhang zu „Vier 
Bücher der Ritterschaft44 des Flavius Vegetius Renatus in der vorstehenden Fassung im 
Druck vervielfältigt wurde, konnte offenbar der Nachfrage kaum entsprochen werden. 
1 Vgl. Generalmajor a. D. G. Schröder, Eine deutsche Schrift über Befestigungswesen, älter als Dürers. Archiv für die Art.- u. 
Ing.-Offixiere, Berlin 1890, Bd.97, S. 26 bziv. 54—56, Note 22, 24, 27, 29.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.