Volltext: Das Feuerwerkbuch von 1420

in die Richtlage gebracht, dann leierte sich dieser infolge der hohen Beanspruchung nach 
wenigen Schüssen aus; daß die Revolverwaffen schließlich nicht mit der notwendigen 
feinmechanischen Bewegung und der erforderlichen Genauigkeit herzustellen waren, 
leuchtete auch dem nur halbwegs technisch gebildeten Praktiker ohne weiteres ein. 
Die Technik war damals für alle diese — fast könnte man sagen — spielerischen Ver¬ 
suche und für diese doch immer wieder von neuem mit zäher Hartnäckigkeit verfolgten 
Bestrebungen, richtige Gedanken in die harte Wirklichkeit umzusetzen, noch nicht reif. 
Das haben die weniger klar sehenden Techniker und vor allem die mit der Technik sich 
beschäftigenden, so viele dieser unzeitgemäßen Waffen darstellenden Künstler nicht 
erkannt. 
Aber der Verfasser — so darf man wohl annehmen — hatte einen klaren Blick für die 
sich hart im Raume stoßenden Sachen. Was sich nicht praktisch mit Vorteil verwerten 
ließ, schied für ihn aus der Betrachtung und der weiterzugebenden technischen Lehre aus. 
Wenn man von dieser Voraussetzung für die Waffen ausgeht, sollte sie dann aber nicht 
auch für das ebenso „unzeitgemäß44 erscheinende „Schießwasser44 gelten? Den nur kur¬ 
zen, aber inhaltsreichen Andeutungen darüber darf entnommen werden, daß bei den 
Versuchen mit solchem gefährlichen Sprengstoff manches Rohr zu Bruch gegangen, man¬ 
cher brave Mann nicht schnell genug „davongekommen44 ist und sein Leben hat lassen 
müssen. Der Pulver-Chemiker war mit seiner wissenschaftlichen Erkenntnis seiner Zeit 
weit vorausgeeilt, der Waffen-Techniker konnte so schnell noch nicht folgen, genau so, 
wie es im 19. Jahrhundert mit der Erfindung des Nitrozellulose-Pulvers ging1. Wenn aber 
die praktische Ausnutzung des „Schießwassers44 auf Schwierigkeiten stieß, hätte der Ver¬ 
fasser dann nicht lieber ebenso wie in jenen anderen Fällen der Hinterlader u. dgl. auf 
die weitere Erörterung und gefährliche Verbreitung seiner weittragenden Erfindung ver¬ 
zichten sollen? Es darf wohl als nicht zu kühn erscheinen, wenn man annimmt, daß er der 
damaligen Mechanik und ihren Hilfsmitteln nicht zutraute, sie werde in absehbarer Zeit 
aller Schwierigkeiten in jenen Fällen Herr werden, daß er aber von der Schmiede- und 
Gießtechnik hinsichtlich der Rohre ein solches Herrwerden über die vom „Schießwasser44 
gestellten Festigkeitsanforderungen sehr wohl erhoffte. 
Nach solchen Gedanken die Redaktion der vorliegenden Fassung vorzunehmen, war aber 
nur möglich, wenn sie straff in nur einer Hand lag. Berücksichtigt man noch die einheitliche 
Form der 100 einzelnen Kapitel und die bis auf einzelne Ausnahmen folgerichtige Ein¬ 
teilung des ganzen Stoffes2, dann spricht die größere Wahrscheinlichkeit doch für nur 
einen einzigen Verfasser. Wenn auch der Nachwelt sein Name nicht erhalten geblieben ist, 
erhalten geblieben ist sein Werk als grundlegende Zusammenstellung aller für die Pulver- 
waffen-Technik des 15. Jahrhunderts wichtigsten Regeln und als frühzeitiges Zeugnis für 
die hohe meisterliche Beherrschung auch der chemischen Kräfteerkenntnis durch einen 
deutschen Techniker. 
1 Vgl. Quellen-Verz. (i), S. 12. 2 Vgl. ..Inhalt des Feuerwerkbuches“, S. 94. 
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