Volltext: Das Feuerwerkbuch von 1420

oder von hartem Holz sein sollen. Sprech ich: 
welcher Stein richtig in die Büchse gehört, also 
daß er nicht mehr Weite hat, als er bedarf, um 
eng anzuliegen, so sollst du ihn verpissen mit 
dünnen, harten Pissen von Eichenholz. Ist aber 
der Stein etwas zu klein, daß er nicht eng an- 
liegen kann, so sollst du ihn verpissen mit 
Tannenpissen. 
Die siebente Frage, ob diese Pissen dick oder 
dünn sein sollen. Sprech ich: daß diese Pissen 
von Tannenholz etliche dick und etliche dünn 
sein sollen, je nachdem ob der Stein Spiel hat 
oder eng in der Büchse anliegt. Aber wenn du 
den Stein damit verpissest, so sollst du die Pis¬ 
sen mit einem Schroteisen an dem Stein ab- 
hauen, damit die Pissen nicht vor dem Stein 
überstehen *. 
Die achte Frage, womit man den Stein ver- 
schoppen soll, damit der Dunst nicht entwei¬ 
chen kann. Sprech ich: nimm Wachs und wachse 
das Tuch damit und dreh es einfach zu einem 
Seil und schopp es mit einem guten Schopp¬ 
eisen zwischen den Stein und die Büchse auf die 
Pissen. So fliegt er weit. Und wisse: je besser 
der Stein verschoppt wird, um so weiter fliegt er. 
Die neunte Frage, ob eine Büchse weiter schießt 
von einerlei Pulver oder von zweierlei. Sprech 
ich: sie schießt sehr viel weiter von zweierlei 
Pulver als von einerlei. Und wenn du die 
Büchse ladest und weit schießen willst, so sieh, 
daß du habest zweierlei Pulver, und tu das 
gute Pulver an den Boden und das schlechtere 
darauf, so schießest du weiter als mit einerlei, 
denn das tut die Gegensätzlichkeit beider Pul¬ 
ver2. 
Die zehnte Frage, ob der Stein den Klotz be¬ 
rühren soll, oder nicht. Sprech ich: Der Stein 
soll hart an dem Klotz liegen. Du sollst den 
Klotz nehmen und ihn mit einem Tuch bewin¬ 
den und sollst ihn unter (deinen) Augen bren¬ 
nen (und zwar) das Teil, das nach dem Stein 
hin liegt, damit es hart wird, und lade den 
Stein hart daran und verpiß und verschopp 
ihn gut, daß ihn der Dunst manlich3 hinaus 
treiben muß. 
Die elfte Frage, ob Knollen-Pulver4 besser sei 
zu tun in die Büchse oder gerädenes Pulver5. 
Sprech ich: daß zwei Pfund Knollen-Pulver 
mehr tun als drei Pfund gerädenes Pulver. 
Aber du sollst das Knollen-Pulver bereiten und 
machen, wie hernach geschrieben steht. 
Die zwölfte Frage, einen wie schweren Stein 
ein Pfund Pulver mit seiner Kraft werfen 
kann und welches seine richtige Treibkraft6 
ist. Sprech ich: eine Büchse sei groß oder klein, 
so soll allweg ein Pfund Pulver einen neun- 
pfündigen Stein treiben. Ist aber der Stein 
leichter, dementsprechend viel geht auch dem 
Pulver ab. 
Nun hast du hier zuerst am Anfang wohl ge¬ 
hört, was dem, der Belagerungen und Besitz¬ 
ergreifungen zu erwarten hat, bis auf einen 
Büchsenmeister nützlich und gut ist, und auch 
wie der Büchsenmeister mit guter Unterschei¬ 
dung und Belehrung durch die vorbeschrie¬ 
benen zwölf Fragen willens sein wird, sich gut 
danach zu richten, wie er damit umgehn soll. 
Nun steht hernach, wer die Kunst, aus Büchsen (3) 
zu schießen, zuerst und durch welche Sache 
er das erfunden hat. 
Die Kunst hat erfunden ein Meister, hieß Niger 
Berchtoldus, ist gewesen ein Nigromantikus, 
geboren von Griechenland. Dieser ist auch mit 
großer Alchemie umgegangen, wie solche Mei¬ 
ster auch mit großen, köstlichen, klugen Sachen 
umgehen, mit Silber, mit Gold und mit den 
sieben Metallen, so daß diese Meister Silber 
und Gold von dem anderen Geschmeide7 schei¬ 
den können, und von köstlichen Farben, die 
sie machen. Also wollte dieser Meister Berch- 
1 Bei den 1445 und später erscheinenden Handschriften wird die 6. u. 7. Frage meist dahin beantwortet, daß das ,,Verpissen“ 
ivegen der inzwischen länger gewordenen Rohre, in denen man an den Stein nicht mehr herankam, fortfällt und nur noch das 
,,V erschoppen“ notwendig ist. 2 Vgl. die 2. Frage. 3 Mutig, tapfer, kräftig. 4 D. h. gekörntes Pulver. 5 Entweder von raedel- 
Sieb (vgl. S. 49, Fußnote 4), also ,,gesiebtes“ oder von ,,raden“ — sich als Rad drehen, d. h. gemahlenes Pulver im Gegensatz 
zu dem im Stampfwerk gestoßenen Pulver. Sowohl das gemahlene als auch das gestoßene und fein gesiebte Pulver war staub¬ 
förmig, Mehlpulver. 6 In der Berliner Handschrift 1018 steht statt ,,tragnus“ ,,trag“; vgl. S. 66, Fußnote 14. 7 Metall. 
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