Volltext: Die Tiroler und Vorarlberger [Band 4]

Die Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse und des Volkes religiöser Sinn 155 
Lasten verschlimmert, die Lebensmittel durch privilegierte Kauf 
mannsgesellschaften vertheuert und verfälscht, Genußsucht, gewalt- 
thätiger Sinn und Lug und Trug in alle Classen gedrungen und 
Treue und Glauben überall geschwunden waren. Deutsche Handels 
leute, Landsknechte und Knappen, die damals zahlreich ins Land 
kamen, brachten die erste Kunde von Luthers Lehre in Tirols 
Thäler. In dem Jahre 1521 erschien bereits der erste gelehrte 
Verkünder der neuen Lehre, Dr. Jakob Strauß, ein Mönch aus 
Berchtesgaden. Seine zündende Beredsamkeit und sein leiden 
schaftlicher Eifer gegen die Gebrechen der alten Kirche verschafften 
ihm bei den aufgeweckten und wohlhabenden Bürgern von Hall, 
wo er sein Missionswerk begann, sofort großen Beifall und bald 
strömten auch von den Nachbargemcinden zahlreiche Scharen zu 
seinen Predigten herbei. Doch mußte er schon im Mai 1522 dem 
Drängen der Innsbrucker Regierung weichen. Aber sein Nach 
folger, der katholisch gesinnte Seligmann, bemühte sich umsonst, 
die Haller wieder zur frühern Lehre zurückzuführen und mußte 
bald dem lutherisch gesinnten Urban Regins Platz machen. Als 
auch dieser von der Innsbrucker Regierung ausgewiesen wurde, 
folgten dem Beispiele der auswärtigen Prediger schnell inländische. 
Math. Messerschmied, Chorherr von Jnnichen, verbreitete im Thäte 
Vilgratten und in der Umgebung des Marktes Jnnichen Luthers 
Lehre, ein Weltgeistlicher gewann einen Theil der Mönche von 
Stams für dieselbe, der Frühmesser Eustachius von Heiterwang 
predigte sie im Ziller-Thale, ein Franciscaner zu Hall. Auch die 
Bürgerschaft der Städte Brixen, Meran und Bozen zeigte sich 
den neuen Lehrern sehr zugänglich, aber im Allgemeinen war es 
nicht das strenge Lutherthum, sondern die Lehre der Wiedertäufer, 
die um diese Zeit in unseren Bergen immer festere Wurzeln faßte; 
der Knappenmarkt Schwaz zählte z. B. im Jahre 1523 schon 
800 Wiedertäufer. Dasselbe war in Vorarlberg der Fall, wo 
einheimische Geistliche, wie Josef Wilpurger von Thannberg und 
Lutz Math, aus dem Wallgau, zuerst im Bregenzerwald und in 
der Herrschaft Feldkirch die neuen Lehren verkündeten; doch gieng 
hier, da die Unzufriedenheit mit den bestehenden kirchlichen und
	        
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