Volltext: Die Tiroler und Vorarlberger [Band 4]

Die Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse und des Volkes religiöser Sinn. 153 
sprechende Zeugen des immer mehr zur Herrschaft gelangenden 
Geistes christlicher Nächstenliebe. Wie sehr beide Geschlechter von 
dem Geiste der Selbstentäußerung beseelt waren, bezeugt der 
Umstand, daß die meisten Klöster Tirols in damaliger Zeit 
Doppelklöster waren. 
Durch die Abteien und Probsteien vermehrte sich auch die 
Zahl der Seelsorgsstationen auf dem Lande, da dieselben zugleich 
auch die Seelsorge in den Gegenden, wo sie besonders begütert 
waren, erhielten. Nicht in demselben Grade nahm die Zahl der 
von Weltpriestern versehenen Seelsorgen zu. 
Nach dieser Periode des religiösen Enthusiasmus und der 
Ascese trat aber eine Periode der Ernüchterung und des sinnlichen 
Genusses ein; wie im ganzen Abendlande gerieth auch in Tirol 
und Vorarlberg im XIV. und XV. Jahrhunderte das religiöse 
Leben allmählich in tiefen Verfall. Zwar wurden in Tirol außer 
dem St. Clarakloster zu Meran und dem Karthäuserkloster in 
Schnals noch einige Klöster und Convente gegründet, als Carmeliter- 
klöster zu Lienz und Roveredo, ein Augustinerkloster zu Ratten 
berg, ein Augnstinerinnenkloster zu Schwaz, Franciscanerconvente 
zu Trient und Arco und die Waldaufische Stiftung zu Hall und 
in Vorarlberg entstanden verhältnißmäßig noch mehr, nämlich 
ein St. Clarakloster und ein Dominicanerinnenkloster zu Thalbach, 
welch letzteres später ins Hirschthal verlegt wurde, ein Augustiner 
kloster zu Ebnit, das aber schon gegen Ende des XIV. Jahr 
hunderts wieder eingieng, und das St. Clarakloster zu Valduna, 
wo anfangs Mönche waren. Zu Trient bildete sich im XIV. Jahr 
hundert sogar eine Geißler-Bruderschaft. Der Zuwachs an 
Seelsorgsstationen war in beiden Ländern während dieses Zeit 
raumes, namentlich während des XV. Jahrhunderts, sogar viel 
größer; Vorarlberg bekam im XIV. und XV. Jahrhundert 21 neue 
Seelsorgsstationen. Aber die neuen Kloster-Gründungen standen 
den ältern an Bedeutung weit nach und gleichzeitig lösten sich die 
obgenannten klösterlichen Vereine an den Hospitälern meist auf. 
Die Laien machten immer seltener Schenkungen an Klöster, wohl 
aber war der Adel häufig geneigt, den kirchlichen Instituten ihren
	        
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