Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Zweiter Band (2 / 1899)

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Rsltgionsgenosssnschaftsn. 
( 
zu wissen, ob nicht etwa den Seelsorgern irgend ein Verschulden hieran beigemessen 
werden müsse und berief zunächst den Vicar von Laakirchen 308) zur Verantwortung 
nach Passau. Dem Stadtpfarrer aber ertheilte er den strengen Auftrag, mit 
möglichstem Eifer dahin zu wirken, daß „die elendiglich verirrten und verführten 
Schäfflein zu dem Schafstall der katholischen Kirchen wieder zurückgebracht werden". 
Auch habe er ihnen vorzuhalten, daß sie bei dauernder Verstocktheit mit Gefängnis 
bestraft werden würden?"') 
Thatsächlich war schon am 13. Jänner 1752 ein kaiserliches Rescript 
erftoffen,310) welches den Grundobrigkeiten befahl, die ihnen etwa namhaft 
gemachten Lutherischen einzusperren, bis ans weiteres in Haft zu behalten und 
während derselben alle Mühe zu ihrer Bekehrung aufzuwenden. Die Gelegenheit 
hiezu ergab sich schon nach wenigen Tagen, da sich ein Ereignis zutrug, ivelches den 
deutlichen Beweis lieferte, daß die Glaubensbewegung innerhalb des Gmundencr 
Pfarrsprengels in starker Zunahme begriffen war. 
Am 23. Jänner 1752 starb nach der Geburt eines Kindes des Hambstock¬ 
müllers Eheweib, Sarah Feichtenberger. Sie hatte den geistlichen Beistand des 
Vicars von Laakirchen hartnäckig zurückgewiesen und war sohin „recht verstockt 
in der lutherischen Jrrlehr' in die Ewigkeit gefahren". Das Kind aber gelang 
es nach katholischem Ritus zu taufen und nach seinem Tode aus dem Friedhose 
in Laakirchen zu begraben. Die Leiche der Hambstockmüllerin fand aber selbst¬ 
verständlich dort keinen Platz. Sie wurde daher am Abend des 26. Jänner im 
Beisein der zahlreichen Verwandtschaft, sowie anderer Glaubensgenossen aus den 
Filialen Laakirchen und Ohlstors, im Ganzen 41 Personen, „die alle brinneude 
Liechter trugen", etliche 20 Schritte weit von der Mühle im eigenen Grund und 
Boden beerdigt. Hiebei spielte der obenerwähnte Glatzmüller „als das Haupt aller 
Lutherischen" die führende Rolle und wurde überdies von „zwei Assistenten, als 
wären's Geistliche oder Predicanten gewesen", unterstützt. Ein Gerichtsschreiber 
der Herrschaft Ort, welcher nach dem Bekanntwerden dieses Vorhabens noch recht¬ 
zeitig in der Mühle erschienen war, konnte dasselbe nicht verhindern und mußte 
sich damit begnügen, die Namen der Trauergäste ad notam zu nehmen. Sie 
ließen sich dies ganz ruhig gefallen, erklärten sich durchwegs äls lutherisch und 
sagten, sie gierigen hin, wo man sie haben wolle, würden sich auch ihren Herr- 
schafteir stellen. Wenn es übrigens zu einem Ernste kommen sollte, so würden 
innerhalb drei bis vier Tagen ihrer 8000 zum Vorschein kommen z der Hambstock- 
nrüller aber behauptete gar, im ganzen Lande seien 18.000 Evangelische. Die 
Herausgabe der Andachtsbücher, die sie bei sich trugen, verweigerten sie und auch 
das Singen von Psalmen und anderen geistlichen Liedern, ivelches ihnen das 
amtliche Organ über Ersuchen des Stadtpfarrers untersagen wollte, ließen sie sich 
nicht wehren, sondern sangen sowohl während des Begräbnisses als auch nachher 
int Hause die ganze Nacht hindurch. 
Dieser „ärgerliche Casus" erregte großes Aussehen und ivurde von der Herr¬ 
schaft Ort sogleich an die Landesregierung in Linz, vom Salzamtmanne an die 
„Bancodeputatiou" (Hofkammer) in Wien, vom Stadtpsarrer „init äußerster Be¬ 
stürzung" an das bischöfliche Ordinariat in Passau berichtet?.") Dort wurde die
	        
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