Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Zweiter Band (2 / 1899)

Religtonsnonosssnlchaften. 
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bekannten sich zwar erst als Katholiken, widerriefen aber dann ihre Aussage „und 
blieben auf der lutherischen Seiten". Ihren Glauben nannten einige „evangelisch¬ 
altkatholisch", auch „apostolisch-evangelisch", andere „altapostolisch-katholisch", 
oder „evangelisch - lutherisch". Das katholische Glaubensbekenntnis legte keines 
von ihnen ab, auch wiesen sie jede Belehrung zurück, und waren namentlich die 
Weiber sehr widersetzlich. Sie lernen nichts mehr, sagteil sie, da sie ohnehin 
genug mit ihrer Arbeit zu thun hätten. Sie glauben auf nichts anderes als an 
Gott und das Evangelium, auf das leben und sterben sie. Es gebe mir zwei 
Sacramente, die Dause unb das Abendmahl, und dieses solle man, damit es 
giltig sei, unter beiden Gestalten empfangen. In die Messe giengen sie darum 
nicht, weil sie lateinisch gehalten werde, was sie nicht verstehen, denn „mit uns 
Bauern muß man deutsch reden". Das „Ave Maria" beteten sie nur einschließlich 
der Worte: — und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes; das nannten sie „den 
kleinen Gegrüßt seist Du Maria", denn das andere sei nicht nöthig. Ueberhaupt 
wolle die Mutter Gottes nicht, daß man sie um ihre Fürbitte anrufe, und 
ebensowenig dürfe man die Heiligen verehren. Ein Fegefeuer gebe es nicht, 
Lllther aber sei im Himmel. Das Gebet für die Verstorbenen sei überflüssig, 
weil man ihnen ohnehin nicht helfen könne, auch sonst für sich selbst genug zu 
beten habe; wer auf Gott glaube, der sterbe ohnehin selig. Sie unternehmen 
keine Wallfahrten, aber Almosen geben sie. Den Rosenkranz, die Scapulire, das 
Weihwasser, die Verehrung der Heiligenbilder und Kreuzsäulen verwerfen sie, denn 
.diese seien nur Papier oder Holz, die nichts helfen können. Die zehn Gebote 
Gottes könne man vielleicht mit seiner Gnade halten. Die katholische Kirche, 
deren Gebote und der Papst gelten ihnen gar nichts, und darum halten sie auch 
die Fasten nicht, denn, so meinte einer, „es hungere ihn gleich, wenn er nichts 
zu essen hätte". Ein anderer aber sagte, er esse zwar au Fasttagen kein Fleisch, 
würde aber eines essen, wenn er's fuitte.300) 
Ueber diese Verhörsergebnisse sendeten sowohl der Abt von Kremsmünster, 
als auch der Stadtpfarrer von Gmunden und der Missionär Hein eigene Berichte 
an das Passauer Ordinariat, die aber erst Mitte Jänner abgiengen, da man 
einigen Bauern in Anhoffnung ihrer Bekehrung eine Bedenkzeit gewährt hatte. Die 
Leute erwiesen sich jedoch als sehr unzugänglich und „satzig", und dementsprechend 
fiel auch die Schilderung derselben aus. Die ziemlich bedeutende Ausbreitung des 
„Irrglaubens" suchte hiebei der Stadtpfarrer durch die Vermuthung zu erklären, 
daß derselbe seitens der „vagirenden Mühl- und Bäckerjungen durch zugebrachte 
verbotene Bücher genährt worden sei". Im klebrigen stehe zu befürchten, daß noch 
viel mehr Leute „von diesem lutherischen Gift inficiret werden, wenn nicht ehestens 
von höchster weltlicher Instanz ein namhaftes Exempel und ernstliches Einsehen 
geschehen werde". Denn die Evangelischen sagen, sie müßten wohl nicht unrecht 
haben, weil ihnen ihre Irrlehren so ungestraft hingehen.3"?) 
In Passau erweckte es nun ein nicht geringes Befremden, daß sich in der 
Umgebung von Gmunden so unvermuthet viele zum Lutherthum bekannt hatten, 
da doch dem Cardinal bei seinen wiederholten Visitationsreisen nichts „von einer 
solchen vorhandenseienden Gefahr" bekannt geworden war. Er wünschte deshalb
	        
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