Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Ansichten über Stimmung und Zustände im französischen Heer. 
561 
Fremde Heere der Obersten Heeresleitung vom 26. Juni. Nach ihr waren 
von Meutereien vor allem die Truppen betroffen, die am Chemin des Dames 
vergeblich angegriffen hatten. Es lagen Nachrichten über Vorkommnisse bei 
zwölf von insgesamt 109 Divisionen vor. Das Schlußurteil ging dahin, daß 
die Bewegung „wohl für bedenklich, jedoch noch keineswegs für kritisch" 
gehalten werde, „insbesondere da bei dem Temperament der Franzosen durch 
einen geschickten Zug der Regierung oder der Regierungspartei jederzeit ein 
plötzlicher Amschwung der Stimmung eintreten kann". Diesen Bericht ver- 
sah General Ludendorff wie frühere mit dem Vermerk: „Für Haesten 
sehr geeignet", wollte ihn also für die Propaganda verwertet wisien. 
Daß jedes Zurücknehmen der deutschen Front dem Gegner die Handhabe 
geboten hätte, die verlorene Frühjahrsschlacht doch noch zu einem großen 
Erfolge zu stempeln, war klar; die gesunkene Moral des französischen Heeres 
und Volkes konnte einen mächtigen Auftrieb erfahren. So kam freiwilliges 
Aufgeben heiß umkämpften Bodens jetzt keinesfalls in Frage. Gerade zu 
dieser Zeit stellte sich aber auch heraus, daß die bisherige feindliche Angriffs- 
front sich zu lockern begann; die Zahl der eingesetzten Divisionen war von 27 
bestimmt auf 24, wahrscheinlich auf 23 gesunken. Die Oberste Heeresleitung 
entschied, daß die jetzigen Stellungen durch örtliche Angriffe so zu verbessern 
seien, daß sie als Dauerstellungen gehalten werden könnten. 
4. Möglichkeit und Aussichten eines deutschen Gegenangriffs. 
General Ludendorff schrieb nach dem Kriege über die französischen 
Verluste in den Frühjahrskämpfen'): „Sie waren so groß gewesen, daß die 
Moral der Armee zu leiden begann und Meutereien vorkamen, von denen 
allerdings nur spärliche Nachrichten nach und nach zu unserer Kenntnis ge- 
langten. Erst spät sahen wir klar." Daraus und vollends aus späteren fran- 
zösischen Veröffentlichungen ist der Schluß gezogen worden, daß hier eine 
Gelegenheit versäumt worden sei, weil der Nachrichtendienst nicht gut ge- 
arbeitet und die Führung bis zur vollständigen Klärung der Lage gewartet 
habe; hätte sie die Lage rechtzeitig durchschaut und danach gehandelt, so wäre 
ihr ein großer Erfolg möglich gewesen. Tatsächlich war aber die Lage erheb- 
lich anders, als bei solchem Arteil angenommen wird. 
Die Meutereien im französischen Heere begannen etwa Anfang Mai und 
erreichten ihren Höhepunkt gegen Mitte Iuni^). Kriegsminister Painleve 
schrieb nach dem Kriege, daß am 4. Juni zwischen Soissons und Paris, also 
*) „Kriegserinnerungen", 6.338. 
2) S. 422 ff. 
Weltkrieg. XII. Band. 36
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.