Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Fortsetzung der Propaganda. Vorbereitung eines Waffenstillstandes. 
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zur Teilnahme an den inzwischen anberaumten allgemeinen Wahlen einen 
Waffenstillstand von drei bis vier Wochen fordern. 
Am 2. Mai trat die österreichifch-ungarifche Heeres- 
leitung ebenfalls mit dem Vorschlag eines allgemeinen Waffenruhe-An- 
gebots an die Oberste Kriegsleitung heran. Sie bat, den Text für ein solches 
Angebot schon jetzt vorzubereiten. Die Ober st e Kriegsleitung 
beauftragte daraufhin am 3. Mai den Oberbefehlshaber Ost mit der Aus- 
arbeitung von Waffen still st ands-Bedingungen, die für 
etwaige spätere Verhandlungen als Unterlage dienen sollten. Als wichtigste 
Bestimmung war auszunehmen, daß nach Einstellung der Feindseligkeiten 
die Mittelmächte ihre Truppen nicht verstärken und keine Truppen- 
Verschiebungen für einen Angriff gegen Rußland vornehmen würden. Die 
Heeresleitungen der vier verbündeten Mittelmächte stimmten dem zu. Für 
ein offizielles allgemeines Waffenftillstands-Angebot hielt aber die Oberste 
Kriegsleitung die Zeit noch nicht für gekommen, denn noch standen die von 
der Entente, und zwar — wie es schien — vor allem von England, beein- 
flußten höheren russischen Führer allen Verhandlungen ablehnend gegenüber. 
In einem am 30. April bekanntgewordenen Funkspruch hatte der 
Nachfolger des Zaren als Höchstkommandierender, General Alexejew, 
dem englischen Oberbefehlshaber an der Westfront mitgeteilt: „Russisches 
Heer wird nicht versäumen, Engländern mit aller ihm zu Gebote stehenden 
Macht zu Helsen durch Einsetzen einer Offensive, sobald es die Wit- 
terungsverhältnisse gestatten." General Alexejew gab sich also der Hoffnung 
hin, daß sich bis zum Zeitpunkt dieses Angriffs die Kampfkraft seiner Truppen 
wieder gehoben haben würde. Anfang Mai sich häufende russische Artillerie- 
Feuerüberfälle und lebhafte Tätigkeit französischer und englischer Flieger 
schienen solcher Aussasiung recht zu geben. Man vermutete, daß der Gegner 
Vergeltungsfeuer herauslocken wolle, um dadurch zunächst einmal die Ruhe 
an der Front zu stören und den Verhandlungen von Graben zu Graben ein 
Ende zu machen. Für die Artillerie der Mittelmächte wurde daher befohlen, 
Vergeltungsfemr^stets nur auf die russische Artillerie abzugeben, die russische 
Infanterie aber zu schonen. Ein geregelter Verkehr zwischen den beider- 
seitigen Gräben blieb aufrechterhalten. Zahlreiche Zettel und Briefe wurden 
an dafür besonders bestimmten Stellen ausgetauscht. Die Friedenswilligkeit 
des russischen Frontsoldaten schien wieder im Wachsen. 
Der mehrfache Wechsel in der Art der Frontpropaganda stellte aber eine 
nicht leicht zu leistende Aufgabe für die eigene Truppe dar, und auch für sie 
bedeutete der Angriff auf die militärische Disziplin des Gegners in zunehmen- 
dem Maße eine Gefahr. So erhoben sich auch wieder warnendeStim- 
m e n. Generaloberst GrafvonVothmer, Oberbefehlshaber der Süd- 
Weltkrieg. XII. Band. 32
	        
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