Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Die Oster-Waffenruhe. 
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Kampfkraft dahin dar, daß ihre Moral und damit ihre Kampfkraft durch die 
Revolution naturgemäß stark erschüttert sei, daß man jedoch nicht damit 
rechnen könne, sie bei etwaigen deutschen Angriffen kampflos weggehen zu 
sehen, sondern daß sie sich unbedingt noch wehren würde. Zu einem Angriff 
großen Stils besitze der Oberbefehlshaber Ost nicht die erforderlichen Reser- 
ven. Wolle also die Oberste Heeresleitung den Versuch machen, durch Offen- 
sive an einer oder mehreren Stellen der Ostfront die russische Linie zum 
Weichen und Niederbrechen zu zwingen, so müßte sie ihr einige Divisionen 
zur Verfügung stellen'"). Daran aber konnte die Ober st e Kriegs- 
l e i t u n g zur Zeit nicht denken. Sie brauchte alle Reserven im Westen. 
An der russischen Front mußte es im wesentlichen bei dem bisherigen Ver- 
fahren bleiben. Angriffsunternehmungen unterlagen auch weiterhin der Ge- 
nehmigung der Obersten Kriegsleitung; nur etwaigen russischen Kampf- 
Handlungen hatte eine deutliche Vergeltung sofort zu folgen. 
Die Waffenruhe wurde aber, dem Vorschlag des Oberbefehls- 
Habers Ost entsprechend und mit Einverständnis der österreichisch-ungarischen 
Heeresleitung, gekündigt. Offiziere hatten den Russen an der gesamten 
Front bekanntzugeben: „Die verbündeten deutschen und österreichisch-unga- 
rischen Tmppen haben entsprechend den Weisungen ihrer Vorgesetzten wäh- 
rend der Ostertage gezeigt, daß Deutschland und Österreich-Ungarn bereit 
sind, den Krieg zu beenden. Cs ist jetzt Rußlands Sache, ob es die Hand zum 
Frieden bieten will. Einstweilen befinden wir uns noch im Kriege. Es kann 
deshalb den russischen Soldaten nicht länger erlaubt werden, sich ungehindert 
außerhalb ihrer Gräben zu bewegen, wie es während der Ostertage gestattet 
wurde. Vom 23. April ab wird wieder auf jedes Ziel geschossen werden. 
Nur diejenigen russischen Deputierten, die bei Tageslicht mit weißen Park- 
mentärabzeichen kommen, werden nach der Verhandlung wieder zurückgelassen 
werden. Alle anderen werden als Feinde behandelt." 
Die nächste Zukunft mußte zeigen, wie der Kampf der für den Frieden 
werbenden linksradikalen russischen „Volschewisten" („Maximalisten") gegen 
die Regierung sich auswirken würde, die den Krieg fortzusetzen gewillt war. 
Dieser innerpolitische Kampf mußte einen beträchtlichen Auftrieb erfahren 
durch die Ankunft des bolschewistischen Führers Lenin in Rußland, der von 
der Schweiz aus schon bisher die Fäden aller russischen revolutionären Ve- 
wegungen in der Hand gehalten hatte. Am 20.April berichteten Agenten 20. Apru. 
über den „allerbesten Eindruck", den sein Eintreffen in Rußland gemacht 
habe; es sei auch unbedingt nötig gewesen, nachdem England die sozialistische 
Gruppe Plechanow, die Hetzer für Fortsetzung des Krieges, mit Sonderboot 
') „Die Auszeichnungen des Generalmajors Max Hoffmann", herausgegeben von 
Karl Friedrich Nowak, II. Bd. S. 171.
	        
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