Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Westfront: Denkschrift des Generals von Kühl. 
SOS 
„Sind wir mit den verfügbaren Kräften imstande, einen großen An- 
griff zum Zwecke eines Durchbruchs zu unternehmen? Die Frage muß 
verneint werden. Die Vorbedingung eines solchen Angriffs wäre, daß wir 
dem Gegner zuvorkämen. Ob uns dies gelingt, ist mit Rücksicht auf die 
erforderliche lange Vorbereitungszeit für einen solchen Angriff fraglich. 
Greift uns vorher der Feind mit seinen überlegenen Kräften an mehreren 
Punkten an, so ist unser Angriff undurchführbar. Ob wir ferner den Durch- 
bruch erzwingen, der dem Gegner trotz seiner großen Überlegenheit nicht 
gelungen ist, ist sehr fraglich. Es handelt sich dabei nicht allein um die zum 
ersten Angriff bestimmten etwa 20 Divisionen, sondern, falls der Durch- 
bruch nicht mit einem Schlage gelingt, um die weiteren Ablösungswellen, 
die rechtzeitig mehrfach dahinter herangeführt werden müssen. Wir würden 
unsere gesamten Kräfte und unsere ganze schwere Artillerie hier binden, 
ohne den Gegner in demselben Umfang zu binden und an Angriffen an 
anderen Stellen hindern zu können. Cin solcher Angriff würde dem Feind 
nur willkommen sein. Es ist auch fraglich, ob wir unsere Reserven auch 
mit Rücksicht auf die übrigen Kriegsschauplätze fo verausgaben können. 
Wir würden alles auf eine Karte setzen, ohne des Gewinnes sicher zu sein. 
Das ist in unserer Lage nicht angängig. Mißlingt der Angriff, so ent- 
stände ein unersetzlicher Schaden. 
„Sind Teilangriffe mit beschränktem Ziel durch- 
führbar? 
„Wenn somit ein großer Durchbruchsangriff nicht angängig erscheint, 
so ist zu untersuchen, ob Angriffe mit beschränktem Ziel, etwa wie die An- 
griffe Rivelles bei Verdun im Oktober und Dezember oder wie unser 
Angriff auf Verdun im Frühjahr 1916 zu empfehlen sind. 
„Die Erfahrungen, die wir bei unserem Angriff auf Verdun — aller- 
dings gegen einen besonders starken Punkt — gemacht haben, fordern 
zwar nicht zur Wiederholung auf. ... Dagegen haben die französischen 
Angriffe bei Verdun im Oktober und Dezember 1916 einen großen 
materiellen und moralischen Erfolg gehabt und auf unsere gesamten Opera- 
tionen im Westen störend eingewirkt. 
„Solche Angriffe sind also sehr wohl durchführbar und könnten uns 
wesentliche Vorteile bringen. In erster Linie würden sie auf den Geist 
der Truppe von großem Einfluß sein. Es drückt auf die Truppe, wenn sie 
ständig in der Verteidigung bleiben muß. Sie bedürfte dringend, wieder 
einmal zum Angriff geführt zu werden, der ihren Schwung und ihr Zu- 
trauen stärkte. Auch die übrigen Ergebniffe, Geländegewinn, Gefangene, 
Störung der feindlichen Pläne und dergleichen sind nicht zu unterschätzen,
	        
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