310
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
schiffen auch innerhalb des Seekriegsgebiptes Kauffahrteischiffe nicht ohne
Warnung und Rettung von Menschenleben zu versenken, es sei denn, daß
sie fliehen oder Widerstand leisten". Die Note sprach gleichzeitig die Erwar-
tung aus, daß die Vereinigten Staaten nunmehr bei England die alsbaldige
Beobachtung derjenigen völkerrechtlichen Normen mit allem Nachdruck ver-
langen und durchsetzen würden, die vor dem Kriege allgemein anerkannt
waren. Sollten diese Schritte nicht zu dem Erfolge führen, den Gesetzen
der Menschlichkeit bei allen kriegführenden Nationen Geltung zu verschaffen,
so würde die deutsche Regierung sich einer neuen Sachlage gegenüber sehen,
für die sie sich die volle Freiheit der Entschließung vorbehalten müßte.
Demgegenüber betonte Präsident Wilson in seiner Antwort am
10. Mai: Die Achtung der Rechte amerikanischer Bürger auf hoher See
könne nicht im geringsten von dem Verhalten irgendeiner anderen Regie¬
rung abhängig gemacht werden. Damit lehnte er die Zusicherung der von
Deutschland erhofften Einwirkung auf England ab. Die deutsche Regierung
enthielt sich einer Stellungnahme hierzu.
Mit der Niederlage, die der deutsche Generalstabschef in der Frage
des uneingeschränkten Anterseekrieges erlitten hatte, war ein überaus wich-
tiger Bestandteil des Kriegsplanes zu Bruch gegangen, mit dem er um die
Jahreswende an die Aufgabe herangetreten war, die Kriegsentscheidung im
Jahre 1916 zu erzwingen. England konnte seine Rüstung ungestört weiter
ausbauen und so gut wie unbehindert Soldaten, Kriegsgerät und Munition
auf dem Festlande zum Einsatz bringen. Zugleich war aber auch der Ent-
schluß zum Angriff auf Verdun durch den Verlauf, den die Kämpfe im
Maas-Gebiet genommen hatten, als Fehlrechnung erwiesen.
Mai. Am 18. Mai zeichnete General von Wild auf: „Wie soll der Krieg
im Großen weitergeführt werden? Falkenhayn steht vor einem sehr schweren
Entschluß."
C. Von Mitte Mai bis Ende Juni.
Karten 2, 3, S und 6.
General von Falkenhayn suchte weiter nach neuen Kräften für
den Kampf im Westen. An der Front des OberbesehlshabersOst
war der erwartete neue große russische Angriff bisher ausgeblieben. Eine
Beurteilung der Lage, die die Oberste Heeresleitung am 18. Mai ein-
forderte, ergab aber, daß dort keinerlei Reserven fortgezogen werden konnten').
i) ©. 437 s.