Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [3]. Die Ereignisse im Westen und auf dem Balkan vom Sommer bis zum Jahresschluß (9. 1933)

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Die militärische Lage Mitte September 1915. 
kämpfen an anderer Stelle nicht mehr rechtzeitig teilnehmen konnten. Frei- 
lich blieb dabei der naheliegende Einwand bestehen, daß zu einer solchen 
Bindung starker Teile der französischen Reserven voraussichtlich auch auf 
deutscher Seite erhebliche Kräfte Angesetzt werden mußten, deren Fehlen 
dann später an der entscheidenden Stelle um so mehr ins Gewicht fiel, als 
die bedeutende zahlenmäßige Überlegenheit der Westmächte bekannt war. 
General von Falkenhayn legte dabei besonderen Wert darauf, den Gegner 
durch den beabsichtigten Angriff im Ober-Elsaß zu überraschen^). 
Sehr bald ließen indessen der den Erwartungen nicht entsprechende 
Verlauf der Operationen im Osten und die Verzögerung im Beginn des 
serbischen Feldzuges für den deutschen Generalstabschef keinen Zweifel 
darüber, daß bis zur Rückführung aller im Osten entbehrlich werdenden 
Kräfte auf den westlichen Kriegsschauplatz so lange Zeit vergehen mußte, 
daß eine entscheidende Offensive in Frankreich im Jahre 1915 nicht 
mehr in Frage käme^). Zudem führte eine Abwägung der beiderseitigen 
Stärkeverhältnisse zu der Erkenntnis, daß auch nach Heranziehung aller 
verfügbaren Streitkräfte des russischen Kriegsschauplatzes und der Kampf- 
reserven des Heimatgebietes die zur Durchführung einer großen Angriffs- 
operation im Westen erforderlichen Kräfte auf deutscher Seite nicht vor- 
banden waren. Hatte doch die Nachrichtenabteilung der Obersten Heeres- 
leitung Ende August in einer Denkschrift die Zahl der hinter der Front 
bereitstehenden Reserven der Westmächte auf annähernd 50 Infanterie- 
Divisionen berechnet. 
Trotz dieser bedeutenden zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegner, und 
obwohl sich die Lage auf dem französischen Kriegsschauplatze, die Ende Juli 
noch völlig unbedenklich erschienen war, inzwischen in zunehmendem Maße 
verschärft hatte, glaubte General von Falkenhayn bis Ende August noch nicht 
an einen groß angelegten feindlichen Angriff. Die auffallende Tatsache, 
daß während der letzten Monate, in denen das russische Heer in immer 
schwerere Bedrängnis geraten war, von seiten Frankreichs und Englands 
kein Versuch unternommen worden war, entlastend einzugreifen, deutete der 
deutsche Generalstabschef dahin, daß beide Mächte das AnVermögen, mit 
den vorhandenen oder in absehbarer Zeit noch zuwachsenden Kräften eine 
Waffenentscheidung gegen das deutsche Westheer zu erzwingen, erkannt 
und sich auf einen Abnutzungskrieg eingestellt hätten. 
Erst Anfang September vollzog sich in dieser Auffassung des Generals 
von Falkenhayn unter dem Eindruck von Meldungen besonders der 3. und 
1) Nähere Ausführungen S. 18 f. und 129 ff. 
2) Mitteilung des Generalleutnants a. D. Tappen vom 39. September 1932 an 
das Reichsarchiv.
	        
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