Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Rückblick. 
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die Gesamtlage zu verhüten. Die deutschen Führer in? Osten hatten nicht 
nur das bereits im Frieden dem österreichisch-ungarischen Generalstabschef 
gegebene Versprechen des Generalobersten v. Moltke erfüllt, sie hatten nicht 
nur 22Vü russische Divisionen gefesselt, sondern 34V,, und diese zum Teil 
sogar vernichtet. So waren es in er st er Linie die großen 
Erfolge der 8. Armee, die die Gesamtlage retteten; 
die deutsche Ober st e Heeresleitung gewann die Frei- 
heit operativer Entschließung wieder; trotz anfänglichen 
Mißlingens des Feldzugs im Westen konnte am Grundgedanken des 
ursprünglichen Kriegsplanes für den Zweifrontenkrieg festgehalten werden. 
Die krisenhafte Spannung zwischen beiden Kriegsschauplätzen war um 
die Mitte des September zunächst wieder behoben. Es war Zeit ge- 
wonnen, und das Westheer hatte damit für geraume Zeit wieder Rücken- 
freiheit. 
Die Entspannung der Gesamtlage hatte General v. Falkenhayn bei 
der Übernahme der Leitung der Operationen sofort erkannt; er war ent- 
schlössen, im Westen einen zweiten Versuch zur Herbeiführung der Feld- 
zugsentscheidung zu wagen. Erleichtert wurde ihm dieser Entschluß viel- 
leicht dadurch, daß er als bisher einseitiger Beobachter der Operationen 
auf dem westlichen Kriegsschauplatz diesem dauernd seine ganze Aufmerk¬ 
samkeit zugewandt hatte und deshalb von Anfang an geneigt war, die 
Schwierigkeiten der Lage im Osten zu unterschätzen. 
Es war eine schwere Aufgabe, vor die sich der neue Leiter der deutschen 
Operationen um die Mitte des September im Westen gestellt sah; aus 
der eben beendeten Rückzugsbewegung des deutschen Westheeres galt es für 
ihn, zu einer neuen entscheidenden Offensivoperation zu gelangen. Die 
Kriegführenden standen sich zu dieser Zeit an der Aisne in frontalem 
Ringen gegenüber, während an der französischen Festungsfront, an der 
Maas und Mosel, der Kampf im Erlahmen war. Die kühnen Hoffnungen, 
die der französische Höchstkommandierende in den ersten Tagen nach dem 
unverhofften Erfolge an der Marne auf die anschließende Verfolgungs- 
operation gesetzt hatte, waren einer nüchternen Beurteilung der Lage 
gewichen. „Die Deutschen haben offenbar vollkommen die Kraft zur Fort- 
setzung des Kampfes bewahrt", berichtete der russische Botschafter am 
17. September aus Paris nach St. Petersburg. Doch schon ließ sich das 
Bestreben der feindlichen Führung erkennen, den deutschen rechten Heeres- 
Mgel zu umfassen. 
Offenbar war das Vertrauen des Generals v. Falkenhayn auf die 
Angriffskraft des Kriegsinstruments nach wie vor uner- 
schlittert, wie dies aus dem Tagesbefehl an das Westheer vom 15. Sep¬
	        
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