Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Rückblick. 
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starke Überlegenheit an Zahl und Angriffskraft besaßen. Alle Vorbe- 
dingungen für das volle Gelingen des Feldzugsplanes schienen erfüllt. 
Allein die oberste Führung besaß nicht die schicksalmeisternde Tatkraft, die 
Gunst der Lage auszunutzen; der erhoffte große und entscheidende Erfolg 
blieb ihr versagt; es wurde nur ein „ordinärer" Sieg errungen. 
Die unmittelbar anschließende Verfolgung nahm den ursprünglichen 
Feldzugsplan wieder auf; durch den Vormarsch des deutschen rechten Heeres- 
Mgels auf Paris sollte die Westflanke des Gegners umfaßt werden. Vei 
den sich hieraus entwickelnden Verfolgungskämpfen erhielten die Ver- 
bündeten an der unteren Somme, an der Oise und an der Maas zwar neue 
empfindliche Schläge; allein auch diese genügten nicht, sie kampfunfähig 
zu machen. Drei Umstände waren es, die auch den Verfolgungsfeldzug um 
seinen Erfolg brachten: das Festlaufen des linken Heeresflügels in Lothrin- 
gen bei dem von der Obersten Heeresleitung angeordneten Angriff gegen die 
französische Festungsfront, das Einschwenken des rechten Heeresflügels nach 
Süden in Verbindung mit dem kurz zuvor bereits erfolgten, selbständigen 
Eindrehen der 1. Armee gegen die Oise zur Verfolgung des von der 
2. Armee bei St. Quentin geschlagenen Feindes und schließlich die 
Schwächung des entscheidungsuchenden rechten Heeresflügels durch vorzeitige 
Überführung von zwei Armeekorps nach dem Osten. Das Kräfteverhältnis 
zwischen beiden Kriegsschauplätzen wurde hierdurch zuungunsten des Westens 
verschoben, ohne daß der Osten einen Kräftezuwachs von entscheidender 
Wirkung erhalten hätte. Die Folge aller dieser Vorgänge war die schwie- 
rige operative Lage, in die die Deutschen bei dem Marsch an Paris vorbei 
gerieten, und die der Gegner durch den entschlossenen Übergang vom Rück- 
zuge zum Angriff tatkräftig auszunutzen verstand. An der Marne kam es zum 
dritten großen Zusammenstoß, bei dem die Gunst der operativen Lage nicht 
mehr aus deutscher, sondern auf feindlicher Seite lag, und in dessen Verlauf 
es der gegnerischen Führung gelang, die Initiative an sich zu reißen. Fast 
schien es indes, als ob auf deutscher Seite die bewundernswerte Kraft und 
Schärfe des Kriegsinstruments die Unzulänglichkeit der obersten Führung 
auszugleichen vermochten. Allein diese selbst zerstörte die Gunst der Kampf- 
läge durch ihren Eingriff in die Schlachtentscheidung; das Heer wurde in 
dem Augenblick zum Rückzug gerufen, als es nach unsagbaren Mühen 
und Opfern den Sieg gerade an sich gerissen hatte. Der auf 
dem Schlieffenfchen Operationsentwurf aufgebaute 
FeldzugimWestenwardamitgefcheitert! Die Gefahr war 
um so ernster, als zur gleichen Zeit auch auf dem östlichen Kriegsschauplatz 
durch die Rückschläge des österreichisch-ungarischen Heeres in Galizien und 
Serbien die Lage äußerst gespannt geworden war. Wenn Generaloberst
	        
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