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Der Feldzug im Westen bis Mitte April 1915.
allgemeinen zwischen Var le Duc und der Kanalküste gleichmäßig hinter
der Front bereitgestellt werden; besondere Aufmerksamkeit erfordere dauernd
der Abschnitt zwischen Oulchy le CHLteau und Montdidier, der jederzeit
stark gesichert bleiben müsse. Als weitere größere Unternehmungen wurden
in Aussicht gestellt: die Wiederaufnahme des Angriffes der 10. Armee im
Verein mit dem rechten Flügel der Engländer und eine konzentrische Unter¬
nehmung der 1. Armee in der Woövre-Cbene. Fm Falle eines neuen
starken Angriffes der Deutschen müßten die Transportverbindungen zum
schnellen Heranziehen der Heeresgruppen-Reserven nach jedem beliebigen
Punkt der Front genau festgelegt werden.
In einem Schreiben vom gleichen Tage, dem 19. Januar, an den
britischen Oberbefehlshaber stellte General Foffre die Möglichkeit einer
in der nächsten Zeit erfolgenden deutschen Offensive in den Vordergrund.
Die alliierte Front müsse dagegen völlig gesichert sein. Ein Durchbruch
des Gegners bei Montdidier würde die ernstesten Folgen haben. Um da¬
gegen gewappnet zu sein und selbst offensiv werden zu können, seien Heeres¬
reserven nötig. Diese könne er nur seinem Nordflügel entnehmen, sobald
die Engländer sie dort erseht hätten. Die Ablösung müsse daher bald er¬
folgen angesichts der deutschen Bedrohung. Eine an sich sicher wirksame
Offensive auf Ostende—Zeebrugge müsse vorläufig aufgeschoben werden.
Feldmarschall French hatte den im Dezember 1914 gehegten Plan,
zusammen mit Teilen der englischen Flotte entlang der Kanalküste auf
Ostende—Zeebrugge vorzustoßen, trotz der Ablehnung seitens des fran¬
zösischen Führers noch nicht aufgegeben^). Die am 1. Januar im Kanal
erfolgte Versenkung des englischen Schlachtschiffes „Formidable" durch
ein deutsches Unterseeboot veranlaßte den Ersten Lord der Admiralität,
Winston Churchill, an Lord Kitchener ein zur Weitergabe an den Feld¬
marschall bestimmtes Telegramm zu richten, in dem auf die große Gefahr
hingewiesen wurde, die in der Besetzung von Zeebrugge durch die Deut¬
schen für die britischen Truppentransporte über den Kanal bestände, und
die erst nach Vertreibung des Gegners von der flandrischen Küste aufhören
würde. Der englische Oberbefehlshaber, der der gleichen Ansicht war, glaubte,
die Operation erfolgreich durchführen zu können, wenn ihm aus England
50 Territorial-Bataillone, eine Anzahl schwerer Geschütze und ein ent¬
sprechender Vorrat an Feld- und schwerer Munition gesandt würden. Das
war jedoch nach Ansicht des englischen Kabinetts zur Zeit nicht möglich.
Innerhalb der englischen Regierung herrschte Anfang 1915 Uneinigkeit,
wie die Operationen weiterzuführen seien. Um die Jahreswende tauchten
i) Band VI, S. 382.