Full text: Die Operationen des Jahres 1915 ; [1]. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr (7. 1931)

I. Die Frage des Schwerpunktes der Stiege 
führung im Januar J9JS. 
Karte 1. 
Auf keinem der Kriegsschauplätze, weder im Westen noch im Osten, 
war während der Sommer- und Herbstfeldzüge des Jahres 1914 eine Ent¬ 
scheidung gefallen. Die ersten Kriegspläne sowohl der Mittelmächte wie 
ihrer Gegner waren gescheitert. Auf allen Fronten war ein Kräfteausgleich 
eingetreten, die Operationen waren zum Stillstände gekommen. Wenngleich 
es den deutschen Heeren gelungen war, bis auf kleine Gebietsteile im süd¬ 
lichen Elsaß und in Ostpreußen den deutschen Boden vom Feinde zu be¬ 
freien, den Krieg sogar weit in dessen Gebiete zu tragen und wirtschaftlich 
wertvolle Landstrecken in Besitz zu nehmen, so stand diesem Vorteil doch 
der sich immer enger um die Mittelmächte schließende Ring der Blockade 
als überaus ernste Gefahr gegenüber. Die Türkei war zwar auf seiten der 
Mittelmächte in den Krieg eingetreten, die Frage der Herstellung gesicherter 
Verbindung mit dem neuen Verbündeten harrte indes immer noch der 
Lösung, Serbien war nicht niedergeworfen, Bulgarien den Mittelmächten 
nicht gewonnen und Rumänien nicht geneigt, die für die Türkei bestimmten 
Munitionstransporte durchzulassen. 
Angesichts dieser Lage konnte das Verhalten der Neutralen von ent¬ 
scheidender Bedeutung werden. Der dem Kaiser der Osmanen als deutscher 
General zugeteilte Generalfeldmarschall Freiherr v. der Goltz hatte bereits 
in einem Schreiben vom 14. Dezember 1914 an den Chef des Generäl¬ 
stabes des Feldheeres betontH, daß die Entscheidung nunmehr „zum großen 
Teil bei den kleinen Balkanmächten liegen" werde. Sie könnten durch 
den Einsatz ihrer immerhin nicht unbedeutenden Streitkräfte das Übergewicht 
auf die eine oder andere Seite bringen. Das hatten die Staatsmänner 
nicht nur der Mittelmächte, sondern auch der Entente klar erkannt. So 
war das Ringen aller kriegführenden Mächte um die Balkanstaaten nur zu 
verständlich. Bei einem Erfolge der Entente drohte der Zusammenbruch 
Österreich-Ungarns. Auf die Entschließungen der Balkanmächte war indes 
nicht nur die Kriegslage von Einfluß, sondern auch die immer zweifelhafter 
werdende Haltung Italiens. Immer dringlicher trat dieses mit seinen auf 
erhebliche Gebietserweiterung hinzielenden 'Ansprüchen an Österreich- 
Ungarns heran. 
9 Band VI, <5. 417/18. — 2) Band VI, 6. 412. 
t Weltkrieg. VII. Band. 
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