Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

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v. Mücke-Pinkert 
als wir, außerdem sind die Tiere an den Anblick der Araber ge¬ 
wöhnt. So gut, wie es in meiner Macht stand, versuchte ich den 
Befehl dem Sergeanten der Gendarmen zu übermitteln. Dieser 
deutete auf die Äugeln, die irr der Nachbarschaft von uns einschlugen, 
keiner der Gendarmen wollte sich aus dem Loch herauswagen. Ich 
bat Leutnant Gertz, mein Loch verlassen zu dürfen, nahm mein Seiten¬ 
gewehr mit Sägerücken, ein Sprung, und ich war mitten unter den 
Schwarzen. Blindlings teilte ich mit meinem Seitengewehr Stich 
und Hieb aus. Das war ein Radikalmittel gewesen, im Nu war die 
Gesellschaft zwischen den Kamelen, wir krochen auch hoch und ver¬ 
suchten ebenfalls, die Tiere festzumachen. Die toten Kamele verbreite¬ 
ten einen unangenehmen Geruch, nach kaum zwei Stunden wurden die 
Leiber der Tiere ganz dick. Abends sollten sie außerhalb unserer 
Wagenburg geschleppt werden, denn der Gestank war unerträglich. 
Heizer Lanig, der links neben uns sich mit dem Burschen des Kom¬ 
mandanten ein Loch gegraben hatte, setzte sich auf den Bodenrand, 
um auszuschauen. Lanig fällt vornüber, eine Blutwelle stürzt aus 
seinem Munde. Ich reiße seinen Uniformrock auf, eine Kugel war 
von der Seite in seine Brust eingedrungen und hatte Lanig den 
Lungenflügel durchschossen. Ls war ein großes Loch auf der rechten 
Brustseite. Ich verband Lanig, der laut stöhnte, die Wunde und 
legte ihn behutsam auf den Boden. „Ich muß sterben", waren seine 
Worte, wie mag der junge Mensch wohl an dem Leben gehangen 
haben. Die Brust voll schöner Hoffnungen auf ein baldiges Wieder¬ 
sehen in der Heimat, aber eine Araberkugel machte ihm alles zunichte. 
Lanig wurde still, eine halbe Stunde später war er hinübergegangen 
als tapferer deutscher Seemann in das bessere Jenseits. 
Schnell war die Nacht herangekommen. Die Dunkelheit wurde 
benutzt, um Wasser auszuteilen. Jeder bekam ungefähr 1/4 Liter 
Wasser. Ls war nicht viel, aber man konnte doch den brennenden 
Gaumen beruhigen. Gierig sogen wir jeden Tropfen ein. Die toten 
Kamele schleppten wir aus unserer Wagenburg heraus, vorher 
hatten die Gendarmen den Tieren die Schlunde durchschnitten, um 
den Wasservorrat, den das Kamel bei sich trägt, als Trinkwasser zu 
verwenden. Die Nacht war verhältnismäßig ruhig, nur vereinzelt 
fielen Schüsse, vor unserem Graben wurde es unruhig; um nicht 
überrumpelt zu werden, sandte der Kommandant eine Patrouille 
hinaus, die aber zurückkehrte, ohne auf feindliche Araber gestoßen 
zu sein. Am Morgen konnten wir feststellen, daß Hyänen den toten 
Kamelen einen Besuch abgestattet hatten. Line der Bestien lag er¬ 
schossen am Boden. Ls war schon der dritte Tag, den wir so ver¬ 
bracht hatten. Der Kommandant hoffte von Dschidda Hilfe zu be¬ 
kommen. Lin Araber, mit Namen Josef, der sich in Hodeida der 
Truppe angeschlossen hatte, war als Bote am ersten Tag in der Nacht 
entsandt worden; ob er durchgekommen war, fragten wir uns gegen¬ 
seitig. Die Sache sah ziemlich faul für uns aus. Der Wasservorrat
	        
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