Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

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Zur Einführung. 
Wer war dieser seltsame Deubler und wie gelangte er zu 
solch ungewohnter Bedeutung? — Der Mann, von dem hier die 
Rede ist, war ein armer Bergknappensohn, dann Müller, später 
Gastwirth, dann Zuchthaussträfling, noch später wieder freier 
Bürger und sogar Bürgermeister; zuletzt war er Bauer, aber 
ein — philosophischer Bauer. 
Als Knabe faltete er gläubig die Hände zwischen den— 
jenigen seiner Mutter und Großmutter. Als Jüngling ward 
er Zweifler, als Mann schließlich Freigeist und Materialist. 
Er starb als Ungläubiger, dem Tode unverzagt und selbst— 
bewußt ins Antlitz sehend. Sein ganzes Wesen war aus un— 
verfälschter Natur herausgewachsen. Er liebte die blumigen 
Wiesen, die riesigen Felsgebirge, den harzduftenden Tannen— 
wald, den rauschenden Waldbach. Er war selbst ein Stück 
Natur und hatte obendrein noch einen unbezwingbaren Drang 
nach Erkenntnis dessen, was uns Alle umgiebt und von dem 
wir nur einen kleinen Theil ausmachen. Er las und lernte, 
er forschte und dachte sein ganzes Leben lang; keine Universität 
rühmt sich eines fleißigeren Studenten, als dieser Autodidakt 
es gewesen ist. Er vergötterte die Wahrheit im bürgerlichen 
Leben wie in der Wissenschaft. An die Stelle überirdischer 
Gewalten, zu denen er aufschauen gelernt, als er Kind war, 
setzte er im reifen Mannesalter — Menschen, Forscher und 
Dichter, die er „wie seine Heiligen verehrte.“ Weil er dies 
gethan hat, machte man ihm den Proeeß und sperrte ihn vier 
Jahre lang ein. Und als er wieder frei ward, da trieb er's 
in gleichem Sinne weiter und ward ein Freidenker reinster 
Gesinnung. 
Er war auch liebenswürdig; denn der Zauber der Natürlich— 
keit und Wahrhaftigkeit bleibt ewig ein unüberwindlicher; wer 
ihn kennen lernte, mußte ihn lieben lernen und ihm die Fehler 
selbst zum Lobe anrechnen. Allen hat er's angethan, aus— 
genommen den Dunkelmännern und den Heuchlern aller Kategorien, 
die er nicht leiden mochte und denen daher in seiner Nähe gar 
unbehaglich wind und weh zu Muthe geworden.
	        
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