Full text: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

Zur Einführung. 
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Unter seinen Freunden zählte er Hunderte von gleichgesinnten 
wackeren Bürgern, zahlreiche gelehrte Forscher, berühmte Dichter, 
Schriftsteller und Künstler, hervorragende Lehrer der Menschheit 
und Evangelisten der Naturoffenbarung. 
Dieser Deu bler stand trotz seiner bescheidenen Haltung 
durch ein halbes Jahrhundert selbstbewußt und selbstdenkend 
mitten im Gewirre unserer Neuzeit. Er fußte mit seiner 
Jugendbildung im Alten; er erhob sich aber aus demselben 
und klomm empor in die wogende Gedankenwelt zweier diametral 
einander gegenüberstehenden Lebensanschauungen und triumphirte 
in schwer errungener Erkenntnis mit den siegenden Pionieren 
der Geistesfreiheit. Einige der letzteren sind seine besten 
Freunde geworden und haben ihn selbst wie einen Juwel in 
Ehren gehalten, indeß er mit Stolz auf ihre Freundschaft wies. 
Zwischen Bauer und Philosoph, zwischen Laien und Ge— 
lehrten haben sich enge Bande geknüpft, die in der Geschichte 
menschlicher Neigungen kaum anderswo angetroffen werden. 
An die Stelle der Götter traten Menschen, an die Stelle des 
Glaubens trat Wissen, an Stelle der Religion trat Kunst und 
Wissenschaft. Und siehe da: Alles, Alles hat sich so herrlich 
gestaltet. Es war Alles, Alles traumhaft schön und doch 
wahre Wirklichkeit. Dieser schlichte Mann aus dem Volke, 
dieser Deubler, der vermöge seiner primitiven Schulbildung 
nicht einmal orthographisch zu schreiben verstand; er pries 
sich glücklich, ein Zeitgenosse vuon — David Strauß, von 
Charles Darwin und Ernst Haeckel zu sein. Sein 
größter Stolz war die ihm gewordene Freundschaft Ludwig 
Feuerbach's, in dessen Lebensanschauung die Lebensführung 
Deubler's ruhte. 
Dieser Bauernphilosoph von Goisern hat an seinem 
Ort an der Entwicklung unseres Zeitgeistes mitgearbeitet. Er 
ist zunächst selbst ein lebendes Beispiel und ein erfreuliches 
Zeugnis dafür geworden, daß auch der einfache Bürger, der 
„gemeine Mann“ des Volkes, im Stande ist, dem Geistesflug der 
Gelehrten und Forscher zu folgen und gleich wie diese glücklich
	        
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