Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

Trostlose Zustände im Hinterlande 
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rüstung dier Truppe und auf die zersetzenden Einflüsse der Politik des 
Hinterlandes hingewiesen. Die immer aufreizender schreibenden Zeitungen, 
Briefe der Angehörigen, Urlauber und schließlieh die Einflüsse der Heim¬ 
kehrer untergrüben die noch vorhandene Disziplin und förderten die Kriegs¬ 
müdigkeit. Der Vertreter de« AOK. mußte bei dieser Besprechung offen 
bekennen, daß Baden dem Niedergange des kriegerischen Geistes nicht 
mehr Einhalt zu gebieten vermöge. In den düstersten Farben schilderte 
GM. Waldstätten die Zustände im Hinterhände, zu denen nun auch noch 
die schwere Enttäuschung über die Entwicklung der Dinge an der deut¬ 
schen Westfront komme. GM. Waldstätten erklärte, es sei nicht mehr 
damit zu rechnen, daß die Mittelmächte den Krieg über den kommenden 
Winter hinaus durchhalten könnten. Trotz aller schönen Waffener folge 
in den vergangenen Jahren sei die Lage nunmehr so weit gediehen, daß 
jedes Friedensangebot raschestens .angenommen werden müsse und man 
sehr zufrieden sein könne, wenn ein solches seitens der Feinde über¬ 
haupt noch gemacht werden würde. Diesen sei unsere gegenwärtige 
Lage vollkommen bekannt, weshalb sie sich auch nicht mehr herbei¬ 
ließen, mit uns noch in weitere Verhandlungen einzutreten. Der Bogen 
sei derart überspannt, daß er in kurzer Zeit breichen müsse. Das AOK. 
könne leider der traurigen Verhältnisse im Hinterlande nicht mehr Herr 
werden, da es lediglich berechtigt sei, auf die zahlreichen übrigen Zen¬ 
tralstellen im schriftlichen Wege Einfluß zu nehmen. Den Regierungs¬ 
behörden fehle aber nur zu oft Einsicht und Wille zur Fortführung 
des Krieges; sie stünden größtenteils unter dem Einfluß desi Parteien¬ 
haders und trügen den berechtigten Anforderungen der Heeresleitung 
zumeist nicht in wünschenswertem Maße Rechnung. Namentlich die öster¬ 
reichischen Regierungsbehörden zeichneten sich durch Schwäche aus. 
Selbst die auf höheren Verwaltungsposten stehenden militärischen Per¬ 
sönlichkeiten seien, um ihre Stellung zu festigen, nicht immer zur unbe¬ 
dingten Unterstützung der Bestrebungen des AOK. bereit. Infolge dieser 
Zustände sei eben die Heeresleitung nicht in der Lage, die Erfordernissq 
der Armeen im notwendigen Umfange zu decken. Dies bezöge sich aber 
nicht allein auf die materiellen Bedürfnisse der Armee, sondern auch 
auf deren Schutz gegen kriegsgegnerische moralische Einwirkungen. Alle 
Bemühungen des AOK., den zersetzenden Einfluß der Presse einzudäm¬ 
men, seien ziemlich erfolglos. Die Presse sei und bleibe unbeschränkte 
Herrscherin der öffentlichen Meinung in der Monarchie und arbeite 
systematisch in dynastie- und armeefeindlichem Sinne. Kleine Mittel, 
wie die Zensur oder das Verbot der Zustellung der Zeitungen an die
	        
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