Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Dem Niedergang entgegen 
Front, genügten nicht mehr. Die Presse schreibe eben, was sie wolle, und 
nicht das, was ihr vom Staate nahegelegt werde. Macht- und hilflos 
stünden der Kaiser und das AOK. diesem Treibein gegenüber1). 
Ebenso düster lauteten die Darlegungen des Stellvertreters des Chefs 
des Generalstabes und des Chefs der Quartiermeisterabteilung über die 
wirtschaftliche Lage des Reiches. 
Österreich-Ungarin befand sich in 'einer gefährlichen Leben,smittel- 
und Rohstoffkrise, die durch die Unfähigkeit der meisten Behörden, die 
vorhandenen Vorräte zu erfassen und ihrer Bestimmung zuzuführen, 
noch erhöht wurde. Die slawischen Bezirke der österreichischen Reichs¬ 
hälfte hatten beispielsweise im Jahre 1917 nur 30 bis 40 v. H. jener Le¬ 
bensmittel abgeführt, die nach den Ernteergebnissen erwartet wurden. 
In Ungarn waren im lallgemeinen 60 bis 70 v. H. abgeführt worden, in 
den Alpenländern ebensoviel, in den deutschen Bezirken der Sudeten¬ 
länder über 90 von Hundert. Auch das Generalgouvernement Lublin ver¬ 
mochte nicht, den gestellten Erwartungen nachzukommen; das gleiche 
galt für die besetzten Gebiete Rumäniens. Einzig allein das Generalgou¬ 
vernement Serbien hatte mehr geleistet als verlangt wurde. 
Im Laufe des Jahres 1918 hatten sich diese traurigen Zustände noch 
wesentlich verschärft. Die Schwierigkeiten der Ernährung und der mate¬ 
riellen Versorgung waren derart gestiegen, daß der Krieg nahezu nur 
mehr den Charakter eines wirtschaftlichen Existenzkampfes angenommen 
hatte, der sich natürlich nicht nur auf die Armee beschränkte, sondern die 
ganze Bevölkerung betraf. Staat und Gesellschaft waren politisch, wirt¬ 
schaftlich und sozial durch diesen Wirtschaftskrieg vor die schwierigsten 
Fragen gestellt und Umwälzungen unterworfen, die eine einheitliche plan¬ 
mäßige Führung der Gesiamtwirtschaft unbedingt nötig gemacht hätten. 
Eine solche nunmehr herzustellen, war aber nicht mehr möglich. Die 
Versorgung der Armee konnte nicht als eine nur für sich allein be¬ 
stehende Frage, als bloße Kriegsnotwendigkeit betrachtet werden. Es 
waren vielmehr die Wechselbeziehungen zwischen Kampffront und Hin¬ 
terland so vielseitig geworden, daß ein wohlüberlegter Ausgleich der 
Bedürfnisse innerhalb der Gesamtheit zu treffen gewesen wäre. Die ge¬ 
gensätzlichen Interessen führten dabei geradezu zu einem Kampf um die 
Existenzbedürfnisse zwischen der Armee im Felde und dem Hinterlande, 
bei dem sich das AOK. nicht mehr durchzusetzen vermochte. 
Die von der Quartiermeisterabteilung des AOK. aufgestellten Be¬ 
rechnungen zeigten ganz eindeutig die sehr erschreckenden Folgen dieser 
!) Anton Pitreich, Piavefront. >
	        
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