Volltext: Vom Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin bis zum Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung (2 / 1919)

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Serbien eintreten zu müssen glaubt, so ist das an sich gewiß sein 
gutes Recht. Es muß sich aber darüber klar sein, daß es damit die 
serbischen Bestrebungen auf Unterhöhlung der Existenzbedingungen 
der österreichisch-ungarischen Monarchie zu den seinigen macht, 
und daß es allein die Verantwortung dafür trägt, wenn aus dem 
österreichisch-serbischen Handel, den alle übrigen Großmächte zu 
lokalisieren wünschen, ein europäischer Krieg entsteht. Diese Ver¬ 
antwortung Rußlands liegt klar zutage und wiegt um so schwerer, 
als Graf Berchtold Rußland offiziell erklärt hat, es beabsichtige, 
weder serbische Gebietsteile zu erwerben noch den Bestand des ser¬ 
bischen Königreichs anzutasten, sondern wolle lediglich Ruhe vor 
den seine Existenz gefährdenden serbischen Umtrieben haben. 
Die Haltung der k. Regierung in dieser Frage ist 
deutlich vorgezeichnet. Die von den Panslawisten gegen Österreich- 
Ungarn betriebene Agitation erstrebt in ihrem Endziel, mittels der 
Zertrümmerung der Donaumonarchie, die Sprengung oder 
Schwächung des Dreibundes und in ihrer Folgewirkung eine völlige 
Isolierung des Deutschen Reiches. Unser eigenstes Interesse ruft 
uns demnach an die Seite Österreich-Ungarns. Die Pflicht, Europa, 
wenn irgend möglich, vor einem allgemeinen Kriege zu bewahren, 
weist uns gleichzeitig darauf hin, diejenigen Bestrebungen zu unter¬ 
stützen, die auf die Lokalisierung des Konfliktes hinzielen, getreu 
den Richtlinien derjenigen Politik, die wir seit nunmehr 44 Jahren 
im Interesse der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens mit 
Erfolg durchgeführt haben. Sollte indes wider Erhoffen durch ein 
Eingreifen Rußlands der Brandherd eine Erweiterung erfahren, so 
würden wir, getreu unserer Bundespflicht, mit der ganzen Macht des 
Reiches die Nachbarmonarchie zu unterstützen haben. Nur ge¬ 
zwungen werden wir zum Schwejrte greifen, dann aber in dem 
ruhigen Bewußtsein, daß wir an dem Unheil keine Schuld tragen, 
das ein Krieg über Europas Völker bringen müßte. 
v. Bethmann H o 11 w e g 
: H 
Nr. 308 
Der Reichskanzler an den Kaiser1 
Berlin, den 28. Juli 19141 2 
Ew. M. 
melde ich alleruntertänigst, daß ich die befohlene 
Demarche3 in Wien telegraphisch habe machen 
1 Nach der Ausfertigung von der Hand des Reichskanzlers. 
2 Auf dem oberen Rand die Bemerkung des Kaisers vom gleichen Tage 
»Einverstanden. ioli N.-M. 28. VII. igi4. W.« 
3 Siehe Nr. 293 und Nr. 323, die offenbar vor Nr. 308 entworfen war.
	        
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