Volltext: Vom Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin bis zum Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung (2 / 1919)

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nivenz von Angehörigen der serbischen Regierung und Armee vor¬ 
bereitet worden ist. Es ist ein Produkt der großserbischen Be¬ 
strebungen, die seit einer Reihe von Jahren eine Quelle dauernder 
Beunruhigungen für die österreichisch-ungarische Monarchie und 
für ganz Europa geworden sind. 
In besonders markanter Form trat der großserbische Chau¬ 
vinismus während der - bosnischen Krisis in die Erscheinung. Nur 
der weitgehenden Selbstbeherrschung und Mäßigung der öster¬ 
reichisch-ungarischen Regierung und dem energischen Einschreiten 
der Großmächte war es zuzuschreiben, wenn die Provokationen, 
welchen Österreich-Ungarn in dieser Zeit von seiten Serbiens aus¬ 
gesetzt war, nicht zum Konflikt führten. Die Zusicherung künftigen 
Wohl Verhaltens, die die serbische Regierung damals gegeben hat, 
hat sie nicht eingehalten. 'Unter den Augen, zum mindesten unter 
stillschweigender Duldung des amtlichen Serbiens, hat die gro߬ 
serbische Propaganda inzwischen fortgesetzt an Ausdehnung und 
Intensität zugenommen. Es würde weder mit der Würde noch mit 
ihrem Recht auf Selbsterhaltung vereinbar sein, wollte die öster¬ 
reichisch-ungarische Regierung dem Treiben jenseits der Grenze 
noch länger tatenlos zusehen, durch das die Sicherheit und die In¬ 
tegrität ihrer Gebiete dauernd bedroht wird. Bei dieser Sachlage 
müssen das Vorgehen sowie die Forderungen der österreichisch¬ 
ungarischen Regierung als gerechtfertigt angesehen werden. 
Die Antwort der serbischen Regierung auf die Forderungen, 
welche die österreichisch-ungarische Regierung am 23. d. M. durch 
ihren Vertreter in Belgrad hat stellen lassen, läßt indessen erkennen, 
daß die maßgebenden Faktoren in Serbien nicht gesonnen sind, ihre 
bisherige Politik und agitatorische Tätigkeit aufzugeben. Der öster¬ 
reichisch-ungarischen Regierung wird demnach, will sie nicht auf 
ihre Stellung als Großmacht endgültig Verzicht leisten, nichts 
anderes übrig bleiben, als ihre Forderungen durch einen starken 
Druck und nötigenfalls unter der Ergreifung militärischer Ma߬ 
nahmen durchzusetzen. 
Einzelne russische Stimmen betrachten es als selbstverständ¬ 
liches Recht und als die Aufgabe Rußlands, in dem Konflikt zwischen 
Österreich-Ungarn und Serbien aktiv für Serbien Partei zu er¬ 
greifen. Für die aus einem solchen Schritte Rußlands resultierende 
europäische Konflagration glaubt die Nowoje Wremja sogar Deutsch¬ 
land verantwortlich machen zu dürfen, wofern es nicht Österreich- 
Ungarn zum Nachgeben veranlaßt. Die russische Presse stellt hier¬ 
mit die Verhältnisse auf den Kopf. Nicht Österreich-Ungarn hat 
den Konflikt mit Serbien hervorgerufen, sondern Serbien ist es ge¬ 
wesen, das durch eine skrupellose Begünstigung großserbischer 
Aspirationen auch in Teilen der österreichisch-ungarischen Monarchie 
diese selbst in ihrer Existenz gefährdet und Zustände geschaffen 
hat, die schließlich in der frevelhaften Tat von Sarajevo ihren Aus¬ 
druck gefunden haben. Wenn Rußland in diesem Konflikt für
	        
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