Volltext: Von Nancy bis zum Camp des Romains 1914 [6] (Band 6/1924)

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Regiment „Von der Tann" zum Sturm antrat, hatte es vor sich nicht 
die Trümmer eines von der Artillerie völlig zusammengeschossenen 
Werkes mit zerstörten Hindernissen, Gräben, Flankierungsanlagen und 
Hohlräumen, in dessen Kellern eine demoralisierte, verängstigte Besatzung 
hockte, ungeduldig auf den Augenblick der Übergabe wartend. Nein! man 
kann ruhig sagen, bei Sturmbeginn war das Werk noch vollkommen 
verteidigungsfähig, und seine Besatzung war entschlossen, sich energisch 
zur Wehr zu setzen. Es kam, was man im modernen Kriege kaum 
mehr für möglich gehalten hatte, zu einer regelrechten Leiterersteigung, 
zum Kampf Mann gegen Mann. Ein Abschnitt des Werkes nach dem 
andern mußte dem zäh sich wehrenden Feinde mit Gewalt entrissen 
werden. 
Gemäß den B e d i n g u n g e n der abgeschlossenen Kapitulation war 
die gesamte Besatzung kriegsgefangen, den Offizieren wurde gestattet, 
ihre Degen zu behalten, der Abzug der Fortbesatzung sollte mit mili- 
tärischen Ehren erfolgen. Die Zahl der noch überlebenden Franzosen, 
die hierdurch in Gefangenschaft gerieten, betrug 6 Offiziere und 528 
Mann. 28 Geschütze. 4 Maschinengewehre, eine große Menge Munition 
und Proviant bildeten die Kriegsbeute. 
Erkauft war der Sieg mit fast erstaunlich geringen Opfern. Das 
11. Regiment hatte verloren: 1 Offizier, Leutnant Vogt, und 22 Mann 
tot, 4 Offiziere, 69 Mann verwundet. 
Um 93° war der Kommandierende General bereits in St. Mihiel. 
Ein Unteroffizier des 6. Regiments, den er am Marktplatz traf, be- 
hauptete, den Weg ins Fort ganz genau zu kennen und — führte ihn 
mitten in die Drahthindernisse. Er mußte umkehren und fuhr nun, un- 
vorsichtig genug, mit seinem Auto auf dem den Franzofen zugekehrten 
Hange zum Westtor. Das fand er verschlossen. Kein deutscher Soldat 
war in der Nähe zu sehen. Während nun die Chauffeure sich abmühten, 
das Schloß des Tores zu öffnen, beobachtete er mit dem in seiner Be- 
gleitung befindlichen, ausgezeichneten Ersten Generalstabsoffizier des 
Generalkommandos, Major Gustav Freiherr v. K r e ß, die Beschießung 
der Forts des Paroches und Liouville. Kein französischer Schuß störte 
sie, das sichere Zeichen, daß der Gegner mit seinen Vorbereitungen noch 
nicht fertig war. Endlich, es mochte wohl IO30 sein, gelang es ihm in 
das Fort einzudringen. Ein Fähnrich des 11. Regiments führte ihn auf 
den Hauptwall. Die Gedanken, die ihn dort bewegten, hat General 
Freiherr von G e b f a t t e l bald darauf in seinem Tagebuch ausge- 
zeichnet. Sie mögen hier Platz finden. „Als ich von hier aus das
	        
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